ULA Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2021

Die Bundestagswahl am 26. September 2021 bildet eine Zäsur, da die amtierende Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nicht mehr zur Wahl antritt. In den ersten Sommerwochen bestimmten das vermeintliche und tatsächliche persönliche Fehlverhalten der antretenden Kandidatinnen und Kandidaten die politische Debatte. Um den Blick stärker auf die inhaltliche Auseinandersetzung zu lenken, hat die ULA Wahlprüfsteine mit zentralen Anliegen und Forderungen der Führungskräfte verschickt. Die ULA veröffentlicht diese hier, sobald die Antworten der Parteien vorliegen. Ergänzend richtet die ULA am 19. August und 31. August zwei digitale Politik-Dialoge zur Wahl aus, um die wichtigsten Themen mit den Parteien zu beraten, die offene Ohren für die Belange der Führungskräfte haben.

 

1.

Soziale Marktwirtschaft

Deutschland steht im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Wie wird Ihre Partei sicherstellen, dass leistungsbereite Fach- und Führungskräfte hierzulande attraktive Arbeits- und Sozialbedingungen vorfinden?

CDU und CSU wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine verlässliche Mitbestimmung setzen können und möglichst viele Beschäftigte durch Betriebs- und Personalräte vertreten werden. Hier sind zuallererst die Tarifpartner in der Pflicht. Ihre Aufgabe ist es, für gute Löhne und Arbeitsbedingungen zu sorgen und tragfähige Lösungen für den Wandel der Arbeitswelt zu finden. Wir werden den Tarifpartnern möglichst großen Spielraum in der Gestaltung von Arbeitsregelungen lassen. Regelungen auf tariflicher, betrieblicher und vertraglicher Ebene werden den differenzierten Bedürfnissen eher gerecht. Wir werden die Tarifpartner dabei flankierend unterstützen und dort, wo es nötig ist, auch gesetzgeberisch eingreifen.

Deutschland ist ein Einwanderungsland und auf qualifizierte Einwanderung angewiesen. Dafür braucht es transparente und rechtssichere Verfahren, damit Fachkräfte nach Deutschland kommen können. Zu diesem Zweck haben wir das Einwanderungsgesetz geschaffen. Darüber hinaus arbeiten wir für ein europäisches Einwanderungsrecht, das die unterschiedlichen Belange der Mitgliedstaaten hinreichend berücksichtigt.

Wir wollen Menschen, die zur Arbeitsaufnahme zu uns kommen, bei der Integration in Deutschland bestmöglich unterstützen und beraten. Das gilt besonders bei der Anerkennung von Abschlüssen, die wir vereinfachen wollen. Zudem werden wir das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ und die berufsbezogene Deutschsprachförderung ausbauen.

Attraktive Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Anreiz, um Fachkräfte zu gewinnen. Wir stehen für gute Arbeit – für alle hier beschäftigten dank guter Löhne durch mehr Tarifverträge und sichere Arbeit durch die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung.

Wir Freie Demokraten wollen beim Einkommensteuertarif den sogenannten Mittelstandsbauch vollständig abschaffen und so einen leistungsgerechteren linearen Chancentarif gestalten. Heute steigt die Steuerlast bei kleinen und mittleren Einkommen besonders schnell an. Von Gehaltserhöhungen greift sich der Staat mehr als die Hälfte. Das ist leistungsfeindlich und ungerecht. Deshalb brauchen wir mehr Fairness bei den Steuern.

Wir wollen einen fairen Tarif bei der Einkommensteuer: den Chancentarif. Dazu wollen wir den Spitzensteuersatz schrittweise „nach rechts verschieben“ – mit dem Ziel, dass dieser erst ab einem Einkommen von 90.000 Euro greift. Dadurch wird der Steuertarif für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich gestreckt. Denn für uns ist klar: Eine Durchschnittsverdienerin und ein Durchschnittsverdiener dürfen nicht fast schon den höchsten Steuersatz zahlen. Das ist leistungsfeindlich und ungerecht. Umso wichtiger ist es, Bürgerinnen und Bürger in Deutschland bei den Steuern und Abgaben nachhaltig und deutlich zu entlasten.

Den Solidaritätszuschlag wollen wir komplett abschaffen. Der Solidaritätszuschlag war und bleibt eine nicht auf Dauer angelegte Sondersteuer. Ende 2019 lief der Solidarpakt aus. Damit ist die Erhebung des Solidaritätszuschlags nicht mehr zu rechtfertigen.

Die Situation kann sich je nach Wirtschaftszweig stark unterscheiden: Während Fachkräfte in sozialen Berufen wie in der Pflege bspw. sehr schlecht bezahlt werden, gilt das für andere Branchen wie bspw. im Finanzsektor nicht. DIE LINKE setzt sich für gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen in allen Branchen ein: sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, hohe Tarifbindung, unbefristete Arbeitsverträge und umfassende betriebliche Mitbestimmung. Darüber hinaus setzt sich DIE LINKE für einen funktionierenden, solide finanzierten Sozialstaat ein, der eine Grundvoraussetzung für attraktive Arbeits- und Sozialbedingungen ist.

Es braucht eine aktive Einwanderungspolitik, die Einwanderung tatsächlich fördert und nicht komplizierter macht. Wir GRÜNE wollen ein modernes Einwanderungsgesetz beschließen, das neue Zugangswege für Bildungs- und Arbeitsmigration schafft, das transparente, unbürokratische und faire Verfahren bietet, das globale und regionale Notwendigkeiten berücksichtigt. Dafür soll auf Basis des jährlichen Arbeitskräftebedarfs eine punktebasierte Talentkarte eingeführt werden. Attraktive Arbeitsbedingungen wollen wir unter anderem durch weniger unsichere Befristungen und eine Ausweitung der Tarifbindung erreichen, denn diese führt in der Regel nicht nur zu höheren Löhnen, sondern auch zu besseren Arbeitsbedingungen. Zudem wollen wir alle hier lebenden Menschen gut absichern, indem wir die Grundsicherung zu einer Garantiesicherung weiterentwickeln, Selbstständige besser absichern und die Zugangsbedingungen zu den gesetzlichen Sozialversicherungen verbessern.

2.

Arbeit

Die neue Arbeitswelt erfordert einen Rahmen, der den Beschäftigten hinreichend Schutz, aber eben auch Flexibilität für neue Wege lässt. Welche konkreten Schwerpunkte plant Ihre Partei insbesondere im Hinblick auf mobile Arbeit zu setzen?

CDU und CSU wollen auch künftig möglichst vielen Beschäftigten die mobile Arbeit ermöglichen und setzen auf sozialpartnerschaftliche Regelungen der Tarifvertrags- und Betriebsparteien, die mobiles Arbeiten ermöglichen und den Arbeitsschutz gewährleisten. Darüber hinaus wollen wir auf nationaler und auf EU-Ebene die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Arbeiten von überall in Europa gerade für kleine und mittelständische Unternehmen rechtssicherer wird. Daher werden wir die Regelungen im Arbeits-, Sozialversicherungs- sowie Steuerrecht überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Wir wollen das Arbeitszeitgesetz reformieren und die Spielräume des EU-Rechts nutzen. Anstelle der täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit treten. Die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten müssen dabei im Sinne des Arbeitnehmerschutzes gewährleistet bleiben. Dabei werden wir Missbrauch und Entgrenzung verhindern. Eine Abweichung von der bisherigen Tageshöchstarbeitszeit kommt deshalb nur für nicht gefahrgeneigte Berufe in Betracht.

Wir stehen für Chancen und Sicherheit im Wandel. Alle Beschäftigte müssen von der neuen Arbeitswelt profitieren und gleichzeitig hohe Standards beim Arbeitsschutz genießen können. Das gilt besonders bei der mobilen Arbeit. Wir werden daher einen Rechtsanspruch auf mobile Arbeit einführen. Grundsätzlich sollen Beschäftigte bei einer Fünf-Tage-Woche mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können, wenn es die Tätigkeit erlaubt. Dabei müssen auch im Homeoffice die Arbeits- und Ruhezeiten gelten, die Arbeitszeit muss jeden Tag vollständig erfasst werden und es braucht ein Recht auf Nichterreichbarkeitszeiten, auf technische Ausstattung sowie guten Unfallversicherungsschutz. Um betriebliche Regelungen zur mobilen Arbeit zu fördern, schaffen wir ein Mitbestimmungsrecht zur Einführung und bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit.

Wir Freie Demokraten fordern mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz und wollen eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit. Niemand soll weniger Pausen machen oder mehr arbeiten als bisher, aber die Einteilung der Arbeitszeit muss flexibler möglich sein. Die Summe der täglich notwendigen Ruhezeit bleibt bestehen. Hierbei werden flexible Regelungen in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung rechtssicher ermöglicht. Bei mobiler Arbeit und im Homeoffice soll das Arbeitsschutzgesetz und nicht die Arbeitsstättenverordnung gelten. Denn bei mobiler Arbeit kann der Arbeitgeber nicht für den richtigen Lichteinfall und Ähnliches verantwortlich sein.

Wir fordern, mobiles Arbeiten und Homeoffice nach niederländischem Vorbild zu stärken. Dabei muss der Arbeitgeber den Antrag von Beschäftigten auf mobiles Arbeiten und Homeoffice prüfen und mit der oder dem Beschäftigten erörtern. Nicht jede Tätigkeit kann außerhalb des festen Arbeitsplatzes ausgeführt werden. Auch können betriebliche Belange gegen eine Vereinbarung zur mobilen Arbeit sprechen. Zudem müssen bestehende Vereinbarungen anlassbezogen widerrufen werden können. Aber ein Erörterungsanspruch fördert den Kulturwandel und die Akzeptanz für mobiles Arbeiten. Wir wollen darüber hinaus für das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Homeoffice eine erhöhte Werbungskostenpauschale gewähren. Die vom Arbeitgeber gestellte Büroausstattung soll vom Arbeitnehmer steuerfrei genutzt werden können. Darüber hinaus soll im Interesse der Rechtssicherheit auch der rechtliche Rahmen von Homeoffice-Arbeit den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst und den für mobile Arbeitsplätze geltenden Vorschriften angeglichen werden.

DIE LINKE fordert ein Recht auf Homeoffice, damit Beschäftigte künftig einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen können, sofern sie das selbst wollen und die Art ihrer Tätigkeit das zulässt. Die Bedingungen für Homeoffice müssen dabei durch Tarifverträge oder Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung geregelt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass für Beschäftigte im Homeoffice weder arbeitsschutzrechtliche Regelungen oder der Geltungsbereich der Unfallversicherung eingeschränkt werden. Wir sehen keine Notwendigkeit, durch die Arbeit im Homeoffice gesetzliche Schutzbestimmungen, wie u.a. tägliche Höchstarbeitszeitgrenzen, sowie Pausen- und Ruhezeitregelungen abzubauen.

Wir GRÜNE wollen Beschäftigte dabei unterstützen, ihre Arbeit besser an ihr Familien- und Privatleben anzupassen. Eine moderne Arbeitswelt bedeutet aus GRÜNER Sicht mehr Mitsprache beim Ort der eigenen Arbeit. In der Corona-Krise wurde das Arbeiten von zu Hause zu einer weit verbreiteten Erfahrung, für viele verbunden mit mehr Eigenständigkeit und weniger Stress, wenn etwa das lange Pendeln wegfiel. Für andere aber auch zur echten Belastungsprobe – wenn zu Hause Arbeitszimmer, Arbeitsschutz und auch Kolleg*innen fehlten oder Arbeit entgrenzte. Die Möglichkeit zur Selbstbestimmung im Arbeitsleben wollen wir erhalten und stärken, indem wir ein Recht auf mobiles Arbeiten einführen, sofern es die jeweilige Tätigkeit erlaubt. Das mobile Arbeiten kann im Homeoffice oder im nahe gelegenen Co-Working Space stattfinden, der Wechsel dorthin muss immer freiwillig, mit einem Rückkehrrecht und mit ausreichend Zeit an einem Arbeitsplatz im Unternehmen verbunden sein. Die Arbeitszeit muss dokumentiert werden.

3.

Chancengleichheit

Politik und Unternehmen müssen geeignete Rahmenbedingungen bieten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und um klassische Rollenbilder zu überwinden. Davon profitieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen. Welche konkreten Maßnahmen plant Ihre Partei?

Wir versprechen als CDU und CSU, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern und die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu fördern. Jede und jeder soll sich durch Anstrengung, Leistung und Fleiß etwas aufbauen und nach dem eigenen Glück streben können. Wir wollen eine familiengerechte Arbeitswelt und keine arbeitsmarktgerechten Familien. Uns ist wichtig, dass Eltern in bestimmten Lebensphasen ihre Arbeitszeit reduzieren und in anderen Zeiten mit ganzer Kraft ihrem Beruf nachgehen können. Dies gilt insbesondere in der „Rushhour des Lebens“, in der zumeist Berufsleben und Familiengründung zusammenfallen. Wir werden Wahlfreiheit durch mehr Zeitsouveränität über das ganze Berufsleben ermöglichen. Wir wollen das bestehende Instrument der Zeitwertkonten praktikabler gestalten und als Familienzeitkonten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nutzbar machen. Dieses Konzept hat sich bereits bewährt, weshalb wir seine Verbreitung weiter fördern wollen. Eltern sollen angesparte Zeiten einsetzen können, um in der Familienphase ohne finanzielle Nachteile weniger zu arbeiten. Auch staatliche Fördermittel sollen auf Familienzeitkonten gebucht werden können.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf trägt nicht nur zu einer gesünderen Arbeitswelt bei, sondern wird in Zukunft auch als Standortfaktor für Arbeitgeber*innen immer wichtiger. Dazu gehört, dass Arbeitszeiten besser zum Leben passen und Menschen mehr selbstbestimmte Zeit haben – etwa für Familie oder soziales Engagement. Neben dem Rechtsanspruch auf mobile Arbeit werden wir daher die Schutzfunktion des Arbeitszeitgesetzes erhalten. Eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit schließen wir aus.

Zudem werden wir ein Vier-Säulen-Modell für mehr Familienzeit einführen. Die erste Säule sind zwei Wochen Elternschaftszeit direkt nach Geburt eines Kindes. Die zweite Säule ist die Familienarbeitszeit, mit der wir den derzeitigen Partnerschaftsbonus beim ElterngeldPlus zu einer flexiblen, geförderten Elternteilzeit nach dem ersten Lebensjahr eines Kindes ausbauen werden. Drittens wollen wir die dauerhafte Ausweitung der pandemiebedingt erhöhten Kinderkrankentage auf 20 Tage pro Kind, Jahr und Elternteil. Unser Modell der Familienpflegezeit ist die vierte Säule. Wer Angehörige pflegt, soll dabei unterstützt werden, die Pflege mit Erwerbsarbeit zu kombinieren.

Wir Freie Demokraten wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Dazu wollen wir Betriebskindergärten auch steuerlich fördern, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung auch in der Praxis und perspektivisch ab dem Ende des Mutterschutzes garantieren, die Betreuungszeiten flexibilisieren und die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten ermöglichen. Vorständen und anderen Führungskräften wollen wir eine zeitlich begrenzte Auszeit ermöglichen. In Fällen wie Geburt, Elternzeit, Pflege Angehöriger oder bei eigener schwerer Erkrankung soll es möglich sein, das Mandat für einen begrenzten Zeitraum ruhen zu lassen, ohne es niederzulegen. Zudem wollen wir bessere Voraussetzungen für die Vereinbarung von Weiterbildung und Familie schaffen. Familienfreundliche Weiterbildungen steigern die Karrierechancen insbesondere für Frauen.

Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich verbessern. Ein stärkerer Einsatz von Arbeitgeber*innen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss verbindlich gesetzlich festgeschrieben werden. Arbeitsbedingungen müssen sich an den Bedürfnissen von Familien orientieren, nicht an den Profitinteressen der Unternehmen. Daher fordern wir Arbeitszeitmodelle, die es Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, die sich lediglich an betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten Zeitautonomie und eine Erwerbsarbeit, die zum Leben passt und sich an die Anforderungen der unterschiedlichen Lebensphasen anpassen kann. Des Weiteren fordern wir einen zehntägigen Elternschutz nach Geburt eines Kindes für den anderen Elternteil. Auch brauchen Eltern einen besonderen Kündigungsschutz bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes. Wir wollen Betreuungseinrichtungen, die flexible Öffnungszeiten haben, damit eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist. Wir wollen den gesetzlichen Mindestlohn auf 13 Euro anheben, damit Einkommen aus Arbeit auch wirklich vor Armut schützt. Darüber hinaus streiten wir seit langem und mit vielen gesellschaftlichen Akteuren für einer Kindergrundsicherung.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, der wir uns gemeinsam mit Wirtschaft und öffentlichen Institutionen stellen. Alle Eltern sollen Elternzeit unkompliziert in Anspruch nehmen können. Mit der KinderZeit Plus wollen wir das Elterngeld auf 24 Monate ausweiten: pro Elternteil je acht Monate, weitere acht Monate können flexibel untereinander aufgeteilt werden. Die Monate der KinderZeit Plus können bis zum 14. Lebensjahr des Kindes – auch als Teilzeit – genutzt werden. Die Bedarfe der Familien von Kindern mit Behinderung sollen zusätzlich Berücksichtigung finden. Wir GRÜNE unterstützen Eltern dabei, Familie und Arbeit mit einer neuen Arbeitszeitkultur und einem flexiblen Vollzeitkorridor in eine ausgewogene Balance zu bringen, Familien- und Hausarbeit partnerschaftlich zu teilen und Teilzeitfallen zu vermeiden. Niemand soll sich zwischen Kind und Job, Ausbildung oder Studium entscheiden müssen. Darum soll der Anspruch auf ein Kinderkrankengeld auf 15 Tage im Jahr pro Kind und Elternteil steigen, Alleinerziehende bekommen 30 Tage.

4.

Steuern

Die Teilhabe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Erfolg ihrer Unternehmen ist ein zentraler Baustein für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Unterstützt Ihre Partei unsere Forderung, das Instrument der Mitarbeiterbeteiligung weiter zu stärken?

Die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am eigenen Unternehmen ist ein originär christlich-soziales Anliegen. Sie entspricht der Idee der Subsidiarität, stärkt die Bindung zwischen Beschäftigten und Unternehmen und fördert die Sozialpartnerschaft. Unser Ziel als CDU und CSU ist es, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung weiter zu verbessern. Für beteiligte Beschäftigte und Unternehmen muss ein klarer rechtlicher Rahmen mittels Betriebsvereinbarungen geschaffen werden. Wir setzen uns für eine Harmonisierung der Regeln für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung in der EU ein.

Wir wollen zudem, dass Beteiligungen an Startups erst dann besteuert werden, wenn aus den Beteiligungen Gewinne erzielt oder die Anteile veräußert werden. Auch wollen wir die Praktikabilität der Übertragung von Anteilen an Mitarbeiter deutlich verbessern. Dafür wollen wir eine eigene Anteilsklasse schaffen. Für die Weltspitze braucht es kluge und innovative Köpfe aus dem In- und Ausland. Die Beteiligung am Unternehmen ist in vielen Startups ein wichtiger Teil der Mitarbeiterbindung.

Die Mitbestimmung und Beteiligung von Arbeitnehmer*innen in den Unternehmen, in denen sie arbeiten, ist uns seit jeher ein zentrales Anliegen. Dies gilt nicht nur für die Mitbestimmung im Betrieb durch die Gewerkschaften, sondern ebenso für die direkte Beteiligung von Beschäftigten an ihrem Unternehmen. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Demokratisierung in der Wirtschaftswelt. Daher haben wir in diesem Jahr mit dem Fondsstandortgesetz Beteiligungen von Beschäftigten, insbesondere im Bereich der Start-ups, attraktiver gemacht und möchten diesen Weg weiter gehen.

Wir Freie Demokraten wollen die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Chance für den langfristigen Vermögensaufbau etablieren. Aber auch für Start-ups sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme unerlässlich, um im internationalen Wettbewerb gut qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Um die schlechten Rahmenbedingungen hierzulande zu verbessern, soll die Besteuerung erst bei der Veräußerung einsetzen und der von Unternehmensbeteiligungen entsprechen. Zudem wollen wir eine eigene Anteilsklasse für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen schaffen, um den teuren und administrativ aufwendigen Prozess der Übertragung von GmbH-Anteilen zu vereinfachen.

DIE LINKE lehnt die geltende steuerliche Privilegierung der Mitarbeiterbeteiligung ab. Deren Steuer- und Sozialabgabenfreiheit ist nicht an die Voraussetzung gebunden, dass sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. Unternehmen können daher die Mitarbeiterbeteiligung nutzen, um durch Nettolohnoptimierung ihre Gewinne zu steigern, zu Lasten der Steuerzahler*innen, der Sozialversicherung und der Arbeitnehmer*innen (geringere Ansprüche an Renten- und Arbeitslosenversicherung). Unser Einkommensteuertarif sieht eine Streckung des progressiven Bereichs vor. So greift der Spitzensteuersatz erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 70.000 Euro (gegenüber 57.918 Euro beim im Jahr 2021 geltenden Tarif), womit im Unterschied zum geltenden Tarif nicht bereits mittlere Einkommen unter den Spitzensteuersatz fallen. Als Faustregel gilt: Wer als Single weniger als 6.500 Euro Bruttoeinkommen im Monat hat, zahlt nach unserem Tarif weniger Steuern; wer mehr verdient, zahlt mehr.

Ja, wir GRÜNE unterstützen einen spürbar erhöhten steuerlichen Freibetrag für die Überlassung von Mitarbeiter*innenbeteiligungen. Besonders für Startups, aber auch für etablierte Unternehmen ist die Mitarbeiter*innenkapitalbeteiligung ein wichtiges Instrument im Kampf um Talente. Zudem hilft diese den Mitarbeiter*innen Risiken abzupuffern und schafft mehr persönliche Flexibilität, Identifikation sowie Mitgestaltungsmöglichkeiten.

5.

Soziales

Welche Schwerpunkte plant Ihre Partei, um eine zukunftssichere Altersvorsorge für alle Generationen sicherzustellen? Wie stehen Sie konkret zu unserer Forderung, die Doppelverbeitragung für alle gesetzlich Krankenversicherten Betriebsrentner schnellstmöglich zu beenden?

CDU und CSU stehen für eine zukunftsfeste Alterssicherung auf drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Die gesetzliche Rentenversicherung wird dabei für die meisten Menschen die zentrale Säule bleiben. Wir wollen ein Rentenrecht, das Generationengerechtigkeit sichert und Leistungen sowie Lasten fair und nachvollziehbar verteilt. Um das Vertrauen der aktiven Generation von heute in das System der gesetzlichen Rentenversicherung von morgen zu stärken, brauchen wir eine klare Perspektive, die auch für die nächsten 30 Jahre trägt. Die beste Rentenpolitik ist eine gute Wirtschaftspolitik. Denn je mehr Menschen sozialversicherungspflichtig arbeiten, desto besser ist es für die Rente. Das haben die letzten zehn Jahre gezeigt, die im ganzen Land zu deutlichen Rentensteigerungen geführt haben. Wir werden die Rentnerinnen und Rentner weiterhin verlässlich an der allgemeinen Einkommensentwicklung beteiligen. Um das Vertrauen in die Altersvorsorge weiter zu stärken und Rentnerinnen und Rentner zu entlasten, werden wir eine Doppelbesteuerung von Renten verhindern und daher die Vorgaben des Bundesfinanzhofs schnellstmöglich umsetzen. Freiwillige Beiträge in der Gesetzlichen Rentenversicherung in jeglicher gewünschten Höhe werden wir zulassen, maximal bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze

Die gesetzliche Rente ist ein zentrales Versprechen unseres Sozialstaates. Der beste Weg, die Renten stabil zu halten, sind steigende Löhne und zukunftsfeste Arbeitsplätze. Dafür werden wir sorgen und damit ein stabiles Rentenniveau garantieren. Eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters lehnen wir ab.

Bei der betrieblichen Altersversorgung haben wir haben es kleinen und mittleren Unternehmen erleichtert, für ihre Beschäftigten diese aufzubauen. Unser Ziel ist, dass deutlich mehr Beschäftigte in einer betrieblichen Altersversorgung abgesichert sind. Dabei sollten tarifvertraglich vereinbarte kollektive Altersversorgungsformen bevorzugt werden. Um dies zu erreichen, setzen wir uns für die vollständige Abschaffung der Vollverbeitragung sowie der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten in der gesetzlichen Krankenversicherung ein.

Bei der privaten Altersvorsorge stehen wir dafür, dass bürokratische Hemmnisse abgebaut und Kosten gesenkt werden. Dafür wollen wir ein neues standardisiertes Angebot einführen, das kostengünstig, digital und grenzüberschreitend ist und auch von einer öffentlichen Institution angeboten wird.

Wir Freie Demokraten wollen das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, erhält eine höhere Rente. Wer das 60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt. Zuverdienstgrenzen schaffen wir ab, und Teilrenten sind unkompliziert möglich. Das sorgt zum einen für mehr finanzielle Stabilität, weil die Menschen im Schnitt länger im Beruf bleiben, zum anderen passt ein flexibler Renteneintritt besser zu vielfältigen Lebensläufen. Die Erwerbsminderungsrente stärken wir. Wer ausgesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, braucht eine starke Unterstützung.

Wir wollen die Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip organisieren. So können Bausteine aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge je nach Lebenslage flexibel kombiniert und an moderne Lebensläufe angepasst werden. Alle Ansprüche aus diesem „Rentenbaukasten“ sollen bei Wechseln zwischen Arbeitgebern oder zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit flexibel mitgenommen werden können.

Zudem fordern wir die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente. Daher schlagen wir vor, die verpflichtende erste Säule unseres Rentensystems künftig auf zwei Pfeiler zu stellen, dadurch endlich für Demographiefestigkeit zu sorgen und das Rentenniveau langfristig wieder zu steigern. Dabei wird genau derselbe Anteil wie bisher für die Altersvorsorge aufgewendet – wie üblich aufgeteilt in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag. Neu ist, dass neben dem größeren Betrag, der weiter in die umlagefinanzierte Rentenversicherung fließt, ein kleinerer Betrag von zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoeinkommens in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge angelegt wird, die als Fonds unabhängig verwaltet wird, eben die gesetzliche Aktienrente.

Die betriebliche Altersvorsorge wollen wir stärken und die gesetzlichen Regelungen attraktiver machen. Die Möglichkeit zu breiteren Anlageformen und insbesondere höheren Aktienquoten haben nur tarifgebundene Unternehmen. Wir wollen allen Unternehmen die Möglichkeit einer „reinen Beitragszusage“ (höherer Aktienanteil) und des automatischen Einbezugs ganzer Belegschaften (mit „Opt-Out“-Möglichkeit für die einzelnen Beschäftigten) geben. Zudem muss die Doppelverbeitragung in der gesetzlichen Kranken- sowie Pflegeversicherung für alle Wege betrieblicher und privater Vorsorge beendet werden, denn sie untergräbt das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Politik.

DIE LINKE setzt sich für den Umbau der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zu einer Erwerbstätigenversicherung ein, in der alle Erwerbstätigen mit ihrem jeweiligen Erwerbseinkommen pflichtversichert sind. Bestehende Ansprüche bleiben selbstverständlich bestehen. Außerdem wollen wir das Rentenniveau wieder auf 53 % anheben. Dieser Schritt ist mit einer maßvollen Anhebung des Beitragssatzes leicht finanzierbar, zumal die Beiträge für die unsinnige Riester-Rente dann wegfallen. Die Doppelverbeitragung bei betrieblicher Altersvorsorge ist sofort zu beenden. Wegen der massiven Benachteiligung und der nachträglichen Gesetzesänderung macht sich DIE LINKE dafür stark, auf Leistungen aus Direktversicherungsverträgen, die vor dem 1.1.2004 abgeschlossen wurden, keine KV-Beiträge mehr zu erheben. Die abgabenfreie Entgeltumwandlung wollen wir abschaffen, weil sie die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung schwächt und die Rentenansprüche der Versicherten mindert.

Für uns haben die langfristige Sicherung des aktuellen Rentenniveaus und die Beitragsstabilität eine hohe Priorität. Wir GRÜNE wollen das Rentensystem generationengerecht gestalten und auch jüngeren Generationen eine Aussicht auf eine auskömmliche Rente im Alter geben. Dies wollen wir durch einen Maßnahmenmix erreichen, indem wir ein echtes Einwanderungsgesetz schaffen, die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer*innen und die Situation prekär Beschäftigter verbessern. Bei Bedarf flankieren wir diese Maßnahmen durch einen Steuerzuschuss. Die ergänzende betriebliche Altersvorsorge wollen wir stärken und mit einem Bürgerfonds ein faires, kostengünstiges und öffentlich organisiertes Standardprodukt für die private Vorsorge schaffen. Zur Doppelverbeitragung: wir halten die Freibetragslösung, die die aktuelle Bundesregierung geschaffen hat, für eine gute Lösung und sehen keinen weiteren Handlungsbedarf.

6.

Mitbestimmung

Unterstützen Sie die Forderung, online Wahlen zu den Sprecherausschüssen ebenso zu ermöglichen wie die virtuelle Ausrichtung der jährlichen Versammlungen der Leitenden Angestellten? Diese Option war während der Pandemie erfolgreich in vielen Unternehmen getestet worden und ist nun entfallen.

Gerade wegen des digitalen Wandels und der Zunahme ortsungebundener Arbeitsplätze ist es wichtig, Betriebsräte durch elektronische Verfahren online wählen zu lassen. CDU und CSU werden die Möglichkeit von Online-Wahlen schaffen, wenn der Wahlvorstand diese befürwortet – auch um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Wie mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz begonnen, werden wir auch in den kommenden Jahren in einer digitalen Arbeitswelt unsere Mitbestimmungskultur erhalten und Mitbestimmungsrechte sichern. Inwiefern dies auch für Sprecherausschüsse und die Versammlung der Leitenden Angestellten zulässig ist, werden wir prüfen.

Wir wollen die Chancen der Digitalisierung grundsätzlich nutzen und auch im Betrieb ermöglichen. Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz haben wir deshalb zum Beispiel die Beschlussfassung und Durchführung von Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenzen dauerhaft ermöglicht. Allerdings muss aus unserer Sicht, wie bei den Betriebsratssitzungen, immer sichergestellt sein, dass der Vorrang von Präsenzsitzungen gesichert ist. Zudem muss gewährleistet werden, dass die entsprechenden Gremien alleine darüber entscheiden, wie sie sich organisieren. Bei Onlinewahlen muss sichergestellt sein, dass die selben Bedingungen vor allem hinsichtlich der Geheimheit der Wahl gelten wie bei analogen Wahlen.

Wir Freie Demokraten wollen Gremien der betrieblichen Mitbestimmung sowie den Sprecherausschüssen dauerhaft und rechtssicher die betriebliche Mitbestimmung mittels Video- und Telefonkonferenzen ermöglichen.

DIE LINKE steht der Forderung nach Onlinewahlen eher skeptisch gegenüber. Diese riskieren, nicht geheim und manipulierbar zu sein. Außerdem sind sie organisatorisch sehr anspruchsvoll und es gibt keine Evidenz, dass Nicht-Wähler durch Onlinewahlen aktiviert werden können. Die Skepsis gilt auch bzgl. Videokonferenzen, denn hier fehlen wichtige Elemente des persönlichen Austausches, Diskussionen sind nur schwer möglich. Die Vielfalt menschlicher Kommunikation (Körpersprache, Mimik, Gestik) wird nicht abgebildet, sie ist jedoch für die Meinungsbildung des Einzelnen sowie des Gremiums unerlässlich. Über den Bildschirm können außerdem weder soziale Beziehungen aufgebaut noch vorhandene vertieft werden.

Wir GRÜNE wollen die rechtlichen Hürden für Online-Betriebsratswahlen beseitigen und das Betriebsverfassungsgesetz hinsichtlich der Bestimmungen zur Stimmabgabe und der Stimmauszählung so anpassen, dass der Wahlvorstand in eigener Verantwortung darüber entscheiden kann, ob Betriebsratswahlen online durchgeführt werden sollen. Eine ähnliche Regelung kann es auch für Sprecherausschusswahlen geben.

7.

Industriestandort

Wo sehen Sie die Schwerpunkte einer modernen Industriepolitik? Welche Aufgaben müssen Staat und Wirtschaft gemeinsam anpacken, um Deutschland auch in Zukunft einen vorderen Platz im globalen Wettbewerb zu sichern?

CDU und CSU werden unsere Wirtschaft wieder in Schwung bringen und für sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze sorgen. Dabei verbinden wir nachhaltiges Wachstum, Klimaschutz und soziale Sicherheit miteinander. Wir wollen Interessen zusammenführen und nicht gegeneinander ausspielen. Mehr denn je wird dieser Grundsatz unsere Politik, unser Handeln und Entscheiden leiten. Wir brauchen ein Modernisierungsjahrzehnt in Deutschland. Wir müssen die Weichen neu stellen. Dabei werden wir noch stärker auf die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft setzen. Sie verbindet Freiheit mit Sicherheit, Eigenverantwortung mit Gemeinwohl, wirtschaftliche Dynamik mit sozialem Ausgleich. Sie setzt auf Machen statt Meckern, auf Offenheit statt Abschottung, auf Erwirtschaften statt Verteilen, auf Ideen statt Verbote. Dabei ist für unsere Wirtschaft entscheidend, neue Belastungen zu verhindern, unser Steuersystem zu modernisieren und wettbewerbsfähig zu gestalten, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und den Fachkräftebedarf zu decken.

Die entscheidende industriepolitische Aufgabe ist es, den klimagerechten Umbau der Wirtschaft zu gestalten. Denn wir müssen die Arbeit und den Wohlstand von morgen sichern und für Vollbeschäftigung sorgen. Ein klimaneutrales Deutschland bis spätestens 2045 ist unser Ziel. Hier hat Deutschland enormes Potential langfristig an der Spitze bei klimafreundlichen Technologien und Innovationen zu sein. Die Voraussetzung dafür ist der schnelle Ausbau der Energieerzeugung aus Wind und Sonne sowie unserer Stromnetze.

Dabei wollen wir unsere Unternehmen im Wettbewerb stärken. Darum ist es wichtig, dass es international vergleichbare CO2-Preise gibt und wir das Abwandern der Industrie und den erhöhten CO2-Ausstoß, das sogenannte Carbon Leakage, verhindern. Daher werden wir unsere Industrien sichern und die Verlagerung von Produktion und Emissionen ins Ausland durch maßgeschneiderte Instrumente einschränken.

Wir Freie Demokraten fordern einen Entfesselungspakt für die deutsche Wirtschaft, in dem Maßnahmen zur Bürokratieentlastung gebündelt und vorangetrieben werden. Der stetig wachsende Bürokratiedschungel belastet die Bürgerinnen und Bürger sowie die deutschen Unternehmen und bremst die wirtschaftliche Entwicklung aus.

Wir wollen, dass im Jahr 2025 in Deutschland 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts investiert werden – und zwar vor allem privat und nicht vorrangig vom Staat. Dafür wollen wir die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Der Staat muss seine Investitionen sowie die sonstigen steuer- und wirtschaftspolitischen Instrumente so einsetzen, dass auch private Unternehmen gern in Deutschland investieren.

Die steuerliche Belastung von Unternehmen wollen wir auf den OECD-Durchschnitt von rund 25 Prozent senken. Unser Ziel ist es, im Zuge der angestrebten Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in Europa den deutschen Sonderweg der Gewerbesteuer zu beenden. Zudem wollen wir uns gemeinsam mit den USA für eine globale Mindestbesteuerung für Unternehmen einsetzen.

Wir wollen die Umlagen, Steuern und Abgaben auf Energie umfassend reformieren. Denn aktuell hat Deutschland die höchsten Strompreise Europas für nahezu alle Verbrauchergruppen. Dazu wollen wir die Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß senken. Die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) wollen wir schrittweise abschaffen, indem die Förderzusagen aus der Vergangenheit weitestgehend aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung finanziert und keine neuen Fördertatbestände geschaffen werden.

Wir wollen, dass Deutschland international zum Fürsprecher des regelbasierten Freihandels wird und den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen vorantreibt. Hierfür muss die Bundesregierung innerhalb Europas und der Welt protektionistischen Tendenzen entgegentreten und eine aktive Führungsrolle bei Handelsverträgen, Investitionsabkommen und fairen Investitionsbedingungen einnehmen. Zugleich muss sie die institutionelle Verankerung einer regelbasierten Freihandelsordnung vorantreiben.

DIE LINKE fordert einen Industriefonds über 20 Milliarden Euro im Jahr. Mit diesem Fonds soll der notwendige ökologische Umbau unterstützt werden. Von diesem Fonds profitieren nur Betriebe, die Arbeitsplätze sichern, gute Löhne zahlen und flächendeckende Tarifverträge haben. Der Fonds soll unter anderem dem zukunftssicheren Umbau hin zu einer klimaneutralen Stahl- und Grundstoffindustrie (u. a. mit dem Einsatz von grünem Wasserstoff) dienen. Wie begrüßen nachdrücklich den europäischen Green Deal und andere Vorgaben, mit denen die sozial-ökologische Transformation beschleunigt wird. Aber auch hier ist die Zieldefinition nur der erste Schritt. Es braucht Mittel und Menschen, um diese Ziele zu erreichen. Eine Reform des EEG und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energie, die Dekarbonisierung der Grundstoffund Stahlindustrie, die Mobilitätswende, effiziente Gebäudesanierung und nachhaltiges Bauen sind für uns zentrale Felder. Die Fortschritte sind bislang viel zu zaghaft, zu langsam und vor allem geht vieles oft zu Lasten der Beschäftigten und geringer und mittlerer Einkommen. Diese schiefe Lastenverteilung wollen wir überwinden. Neben klaren, aktiven ordnungs-/industriepolitischen Interventionen und Vorgaben sind Umschichtungen (u.a. Abbau schädlicher Subventionen) und öffentliche Investitionen zentrale Bausteine, um Ziele erreichen zu können. Alles andere setzt nur auf das Prinzip Hoffnung und wird deshalb substanzlos bleiben.

Damit der Standort Deutschland wettbewerbsfähiger wird, braucht es eine Investitionsoffensive, öffentlich wie privat, in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung. Dafür sollen eine Dekade lang die Investitionen des Bundes um 50 Mrd. Euro pro Jahr steigen, das bedeutet, sie gegenüber heute zu verdoppeln. In diesem Rahmen schlagen wir GRÜNE einen Pakt zwischen Industrie und Politik vor, der einen verlässlichen Rahmen für Innovation und Investition in den Unternehmen schafft und auf fünf Säulen steht: 1) beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien; 2) ein klarer CO2-Preispfad und zusätzlich Klimaschutzverträge; 3) Leitmärkte für klimaneutrale Produkte; 4) Schutzinstrumente wie Grenzausgleichmechanismen; 5) Investitionszuschüsse in Leuchtturmprojekte und attraktive Abschreibungsbedingungen. Damit Investitionen künftig schneller und einfacher an den Start kommen, braucht es beschleunigte und schlankere Verfahren sowie digital und personell gut aufgestellte Verwaltungen.

8.

Europa

Wie bewerten Sie die Entwicklung hin zu einer „Banken- und Finanzunion“ in Europa?
Wie unterstützen Sie den Europäischen „Green Deal“ und wie wichtig ist Ihnen eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele

Europa muss auf Wirtschafts- oder Finanzkrisen besser vorbereitet sein, damit diese schneller und besser überwunden werden können. Dafür braucht es mehr Stabilität in ganz Europa. CDU und CSU wollen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), die Bankenunion und die Kapitalmarktunion unter Stabilitätsaspekten weiterentwickeln und vollenden. Für den Umgang mit Staaten, die von einer Wirtschafts- und/oder Finanzkrise betroffen sind, benötigen wir geordnete Verfahren bis hin zu einem Insolvenzverfahren für Staaten. Zur Vollendung der Bankenunion müssen bestehende Risiken im Bankensystem zwingend reduziert werden. Bankenrettungen aus Steuermitteln und eine Vergemeinschaftung der Haftungsübernahme im Rahmen der europäischen Einlagensicherung lehnen wir ab.

Der European Green Deal ist eine umfassende und ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie in den Bereichen Energie, Industrie, Kreislaufwirtschaft, Verkehr, Gebäude, Umweltschutz und Biodiversität, Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft. Wir unterstützen seine ambitionierte Zielsetzung der Transformation unseres heutigen Lebens und Wirtschaftens hin zu einer nachhaltigeren und ökologischeren Gesellschaft.

Wir wollen Staaten und Steuerzahler wirksam vor Bankpleiten schützen. Zusammen mit der Kapitalmarktunion muss durch die Vollendung der Bankenunion ein europäischer Kapitalmarkt geschaffen werden, der die wettbewerbsfähige Finanzierung europäischer Unternehmen sicherstellt.

Wir richten unsere Politik konsequent an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen aus und werden dazu die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie weiterentwickeln. Denn erfolgreich bewältigen können wir gerade den Klimawandel nur international. Daher haben wir uns besonders auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass Europa Klimaneutralität bis 2050 als Ziel formuliert. Mit dem „Green Deal“ und dem Klimapaket „Fit for 55“ folgt die Klimazielanhebung in der EU nun einem konkreten Fahrplan mit einem breiten Mix an Politikinstrumenten. Zur Umsetzung in Deutschland haben wir das Klimaschutzgesetz durchgesetzt und das Ziel verankert, in Deutschland bereits bis 2045 klimaneutral zu wirtschaften.

Wir Freie Demokraten wollen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) umbauen. Er sollte die Ausgestaltung der makroökonomischen Anpassungsprogramme und die Kontrolle ihrer Umsetzung in den Darlehen nehmenden Ländern übernehmen. Ebenso sollte er für die Überwachung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik der Programmländer zuständig sein.

Wir fordern, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP), der für die Dauer der Pandemie und angesichts der hieraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen faktisch ausgesetzt wurde, nach der Krise wieder in vollem Umfang in Kraft gesetzt wird. Zu den Grundlagen der europäischen Finanzpolitik zählen für uns unverändert die Begrenzung von Haushaltsdefiziten und Schuldenstand der öffentlichen Haushalte in den einzelnen Ländern (Maastricht-Kriterien). Außerdem streben wir eine Reform des Paktes an, indem die Sanktionen für diejenigen Länder verschärft werden, die dauerhaft gegen die Prinzipien der öffentlichen Haushaltsführung verstoßen.

Wir wollen zudem die europäische Kapitalmarktunion konsequent vorantreiben. Dazu bedarf es neben einem integrierten Bankenmarkt auch eines besseren Zugangs zur Risikokapital- und Beteiligungsfinanzierung für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Start-ups. Eine tiefere Integration der europäischen Kapitalmärkte führt zu einem effizienteren Kapitaleinsatz und einer günstigeren Finanzierung der Unternehmen. Dadurch erhöht sich zugleich die private grenzübergreifende Risikoteilung. Die Wirtschaft und der Euro werden stabiler und krisenfester.

Wir wollen, dass Fördermittel und Strukturhilfen aus dem „Green Deal“ der EU das Wirtschaftswachstum befördern und anhand der neuen Investitionskriterien der Europäischen Investitionsbank vergeben werden. Damit wollen wir die europäische Wirtschaft fit für die Umbrüche durch den Klimawandel machen. Investitionen in die Infrastruktur und Investitionen in neue Technologien sind dabei von entscheidender Bedeutung. Auch die sogenannten „Ermöglichungs- und Übergangsaktivitäten“, etwa Erdgas als Übergang von Kohle zu Wasserstoff, sind hierbei zu berücksichtigen; gerade auch mit Blick auf die unterschiedlichen Realitäten in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten.

Bei der Bankenunion muss das „too big to fail“-Problem durch Zerschlagung von Finanzkonzernen und Trennung des Investment- vom Kredit- und Einlagengeschäft gelöst werden. Der Abwicklungsmechanismus muss gestärkt werden, um in systemischen Krisen Bankenrettungen mit Steuergeld zu beenden. Statt einer Kapitalmarktunion für Finanzkonzern-Interessen fordert DIE LINKE die Neuordnung des Banken- und Finanzsektors mit zentraler Rolle für Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie das Verbot spekulativer Finanzinstrumente. Der EU-Green-Deal, der primär auf Marktinstrumente setzt, kann die Klimaziele nicht erreichen. Wir fordern daher einen sozialökologischen Systemwechsel. Der Umbau der Wirtschaft muss mit massiven öffentlichen Investitionen gute Jobs schaffen sowie Innovationen für klimaneutrale Produktion und Infrastrukturen anschieben. Wir fordern mehr EU-Mittel und Umverteilung für eine gerechte und klimaneutrale Zukunft. Regionale Wirtschaftskreisläufe und gerechte Handelspolitik sind für uns Voraussetzungen für eine friedliche und gerechte Welt. Partnerländer müssen eigene Wertschöpfungsketten aufbauen können, um die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zu erreichen.

Wir wollen die UN-Nachhaltigkeitsziele konsequent umsetzen. Für die 17 verabschiedeten Nachhaltigkeitsziele haben GRÜNE im Bundestag seinerzeit 17 Einzelanträge vorgelegt. Für jedes von der UN formulierte Ziel fordern wir GRÜNE darin, mit der Umsetzung der Agenda 2030 – global und national – voranzukommen. Der Green Deal ist eine Chance, gemeinsam aus der Corona-Krise hervorzugehen und Europa zukunftsfest zu machen. Jetzt ist die Zeit, um in eine klimaneutrale, sozial gerechte und wirtschaftlich erfolgreiche EU zu investieren, in ein Europa, das unsere Gesundheit und natürlichen Ressourcen schützt und gleichzeitig zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft.

Die Banken- und Finanzunion ist ein wichtiger Baustein, um die Eurozone wetterfest zu machen. So vermeiden wir, dass bei einer Krise im Finanzsektor die Eurozone wieder in Mitleidenschaft gezogen wird und Banken wieder mit Steuerzahlergeld gerettet werden. Deshalb muss diese durch eine gemeinsame Einlagenrückversicherung vollendet werden.