Führungskräfteumfrage 2025: Großes Potenzial, große Aufgaben

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Führungskräfte bewerten den Standort Deutschland – und das Zeugnis fällt nur mittelmäßig aus

Deutschlands Führungskräfte erleben ihre Unternehmen als leistungsfähig und zukunftsorientiert – dem Standort Deutschland aber stellen sie ein kritisches Zeugnis aus. Das geht aus einer gemeinsamen Online-Umfrage des Deutschen Führungskräfteverbands ULA, der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte hervor, an der sich im Zeitraum vom 6. März bis 10. April 2025 insgesamt 1.420 Führungskräfte beteiligten.

Während die befragten Führungskräfte ihre Unternehmen gut aufgestellt sehen, vergeben sie für den Standort Deutschland nur die Note „befriedigend“. Auch die allgemeinen Rahmenbedingungen für Arbeit in Deutschland werden eher kritisch gesehen – 42 Prozent der befragten Führungskräfte bewerten diese lediglich mit „befriedigend“. Verwaltungslasten, überbordende Regulierung und unzureichende Antworten auf den Fachkräftemangel – das sind aus Sicht vieler deutscher Führungskräfte die größten Schwächen des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Pessimismus dominiert den Blick in die Zukunft

Mit Blick auf die wirtschaftlichen Perspektiven überwiegt der Pessimismus. Nur 1,2 Prozent der befragten Führungskräfte halten einen kräftigen Aufschwung in den kommenden Jahren für sehr wahrscheinlich. Besonders besorgniserregend: Rund 77 Prozent glauben nicht daran, dass sich der Fachkräftemangel in den nächsten vier Jahren spürbar entschärfen lässt. Ebenso skeptisch zeigt sich die Mehrheit bei möglichen Reformen des Sozialstaats – über 70 Prozent halten grundlegende Veränderungen für unwahrscheinlich.
Auch ULA-Präsident Roland Angst betont die Dringlichkeit klarer Rahmenbedingungen:

„Führungskräfte übernehmen täglich Verantwortung für ihre Unternehmen und Mitarbeitende. Dafür brauchen sie Rahmenbedingungen, die effizientes Handeln ermöglichen – und es nicht blockieren. Es ist Zeit, dass die Politik aufhört, Unternehmen mit ständig neuen Auflagen zu belasten, und stattdessen beginnt, das Vertrauen in die Gestaltungskraft und Zukunftsfähigkeit der Beschäftigten zu stärken.“

Was jetzt zu tun ist

Aus Sicht der Führungskräfte braucht es vor allem eines: weniger Bürokratie, weniger Regulierung – und stattdessen verlässliche Rahmenbedingungen, die Innovation, Investitionen und Beschäftigung ermöglichen. Rund 70 Prozent der Befragten empfinden die Wirtschaft in Deutschland derzeit als zu stark durch politische Vorgaben reguliert.

„Deutschland braucht eine mutige Entfesselung der Wirtschaft“, sagt Prof. Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. „Die Politik sollte sich weniger in unternehmerische Entscheidungen einmischen und stattdessen stabile Rahmenbedingungen schaffen, die unternehmerisches Handeln fördern. Weniger Detailsteuerung, mehr Vertrauen in Markt und Menschen – das ist der Schlüssel für neuen wirtschaftlichen Aufbruch.“

Zusätzlich fordern die Führungskräfte einen konsequenten Ausbau und Erhalt der Infrastruktur sowie die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. 75 Prozent sprechen sich außerdem für eine Reform ineffizienter Sozialleistungen aus, mit dem Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken und Unternehmen damit zu entlasten.

„Wenn drei Viertel der Führungskräfte Reformen bei ineffizienten Sozialleistungen fordern, ist das ein klarer Handlungsauftrag für diese Legislaturperiode – kein Fall für die nächste Arbeitsgruppe“,

mahnt ULA-Präsident Roland Angst.

„Hohe Lohnnebenkosten bremsen Beschäftigung und Wachstum. Wer Leistung fördern will, muss Transformation anstoßen, statt immer neue Belastungen auf Unternehmen und Beitragszahler abzuwälzen. Eine Reform ist auch eine Frage der Gerechtigkeit: Wir dürfen künftigen Generationen kein System hinterlassen, das weder finanzierbar noch zukunftsfähig ist.“

Fachkräftemangel: Große Sorge, geringe Lösungserwartung

Der Fachkräftemangel bleibt eines der drängendsten Probleme am Standort Deutschland. Eine wirksame Bekämpfung ist aus Sicht der Führungskräfte nur möglich, wenn die Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden. Zwar sehen aktuell noch rund 65 Prozent der Führungskräfte die gute Ausbildung von Fach- und Führungskräften als zentralen Standortvorteil, doch nur 2,5 Prozent halten Deutschland für wettbewerbsfähig genug, um gezielt internationale Fachkräfte anzuwerben. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt zudem an, dass es mitunter an geeigneten Bewerbungen fehle, um offene Stellen schnell zu besetzen. Hinzu kommen Zweifel an der Qualifikation: Rund 50 Prozent beobachten eine sinkende fachliche Eignung, 56 Prozent sehen Defizite in der Allgemeinbildung.

„Fachkräftesicherung ist keine Randaufgabe – sie ist Kern wirtschaftspolitischer Zukunftssicherung. Wer internationale Talente gewinnen will, muss endlich Hürden abbauen: von Bürokratie bis Sprachbarrieren“, mahnt Prof. Dr. Alexander Zureck, Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Volks- und Betriebswirte. „Künstliche Intelligenz macht gelebte Mehrsprachigkeit in Unter-nehmen längst möglich – jetzt braucht es ein zukunftsorientiertes Bildungssystem, das diese Stärken konsequent in Wettbewerbsfähigkeit übersetzt. Deutschlands große Stärke – exzellente Produkte und gut ausgebildete Fachkräfte – darf nicht durch Strukturträgheit verspielt werden.“

Eigene Unternehmen besser aufgestellt als der Standort insgesamt

Im Vergleich zur Standortbewertung schneiden die eigenen Unternehmen vieler Führungskräfte deutlich besser ab. 35 Prozent bewerten ihr Unternehmen mit der Note „gut“, weitere 24 Prozent mit „befriedigend“. Auch in Sachen Zukunftsfähigkeit überwiegt die Zuversicht: Rund 58 Prozent sehen ihr Unternehmen gut oder eher gut auf kommende Herausforderungen vorbereitet. Ebenso viele geben an, dass der Digitalisierungsgrad in ihrem Unternehmen gut oder eher gut sei. Künstliche Intelligenz ist bereits in knapp 54 Prozent der Unternehmen im Einsatz – vorwiegend zur Automati-sierung kognitiver Routinearbeiten und zur Strukturierung von Arbeitsprozessen.

Ein Land im Widerspruch

Die Umfrage zeigt deutlich: Führungskräfte sehen erhebliche Schwächen am Standort, insbesondere bei der Bewältigung des Fachkräftemangels und der Bürokratiebelastung, und fordern entschlossene Reformen. Mit dem neuen Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung ist ein erstes Signal beim Bürokratieabbau gesetzt. Entscheidend wird sein, ob diesem Signal auch spürbare Entlastungen folgen. Gleichzeitig nehmen Führungskräfte die Lage in ihren Unternehmen deutlich positiver wahr – sowohl im Hinblick auf das Hier und Jetzt als auch mit Blick auf die Zukunft. Diese Diskrepanz offenbart ein zentrales Dilemma: Die deutsche Wirtschaft lebt von leistungsfähigen Unternehmen – und einem Staat, der von vielen Führungskräften zunehmend als Bremsklotz wahrgenommen wird. Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands braucht beides: unternehmerische Stärke und politische Entschlossenheit zur Erneuerung.

 

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