Pro & Contra: Gebäudesanierung – Mehr Effizienz durch Ordnungsrecht?

, ,

Laut einem Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission würden Millionen von Hausbesitzern in der EU zu umfassenden energetischen Sanierungen oder zu praktisch autarken Neubauten gezwungen. Die kontrovers diskutierte Überarbeitung der „Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ ist Teil eines Pakets von Klimagesetzen zur Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030, an denen die Kommission arbeitet. Erfüllt der Entwurf die Erwartungen mit Blick auf den Klimaschutz? Oder ist der Traum vom Eigenheim für viele private Eigentümer zu Ende? Zwei Fachpolitiker nehmen Stellung.

Dr. Markus Pieper ist Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament
Foto: EPPGroup-MLahousse

Brüsseler Aufgabe ist es, einen Rahmen für Investitionen in den Klimaschutz zu setzen, nicht aber europaweit einheitliche Vorgaben im Detail zu machen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission läuft auf Doppelbelastungen für Hauseigentümer und Mieter hinaus. Die EU kann nicht – wie mit der Richtlinie zum Emissionshandel (ETS) ebenfalls vorgesehen – den die Energiekosten verteuernden Emissionshandel für Gebäude einführen und gleichzeitig mit der Gebäuderichtlinie flächendeckend verpflichtende Vorgaben mit einer Quasiverdopplung der Sanierungsrate machen. Die Zahl der im ETS auszugebenden CO2-Zertifikate ist doch bereits die Garantie für die Einhaltung der Pariser Klimavorgaben. Wenn aber ETS, dann keine detaillierten Renovierungszwänge, schon gar nicht für alle Gebäude. So verschließt man die Augen vor den knappen Handwerkskapazitäten, gräbt der Effizienz des Marktes das Wasser ab und riskiert steigende Energiearmut. Stattdessen muss die Gebäuderichtlinie kohärent zum Emissionshandel sein. Mit ETS-Einnahmen finanzierte finanzielle Ausschreibungen speziell für Gebäude mit den niedrigsten Effizienzstandards wären unter anderem die Konsequenz in den Mitgliedstaaten. Den Zuschlag für Fördergelder bekommen die Projekte, welche die höchsten CO2-Einsparungen ergeben. Man könnte das „warmmietenneutral“ umsetzen, wenn auf die Modernisierungsabgabe für Mieter verzichtet und Energiesteuern gesenkt würden.

Jutta Paulus ist Mitglied der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament.
Foto: EU 2019 – EP

Die aktuelle Energiepreiskrise verdeutlicht zwei Herausforderungen der europäischen wie der nationalen Energiepolitik: unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie die über Jahrzehnte verschleppte Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen. Gebäude sind für 40 Prozent des EU-Energieverbrauchs und für 36 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Energie- und Klimapläne der Mitgliedstaaten sind hinsichtlich der Gebäude uneinheitlich und stimmen meist, wie auch in Deutschland, nicht mit den gesetzten Klimazielen überein. Gemäß Untersuchungen der Deutschen Energie-Agentur könnten durch energetische Modernisierung von Gebäuden drei Viertel der Endenergie eingespart werden. Solarthermie und Photovoltaik am Gebäude können sowohl Strom als auch Wärme bereitstellen. Während eine Modernisierung eine Investition darstellt, die sich über die Jahre bezahlt macht, blasen schlecht gedämmte Gebäude wertvolle Energie wortwörtlich in den Himmel. Der Ausbau Erneuerbarer Energien allein wird zur Erreichung der Klimaneutralität nicht ausreichen. Die Revision der EU-Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden bietet die Chance, die Erreichung des EU-Klimaschutzziels maßgeblich voranzutreiben und Eigentümer wie Mieter vor steigenden Energiepreisen zu schützen.