Viel lernen über Führung (Rezension „Personalführung“ von Jürgen Weibler)

Kann man Führung lernen? Diese Frage ist seit jeher umstritten. Über Führung lernen kann man jedoch eine ganze Menge. Eine gute Grundlage hierfür bietet das Buch „Personalführung“ von Prof. Jürgen Weibler. In kurzer Zeit hat es sich zu einem Standardwerk entwickelt und ist jetzt in dritter, komplett überarbeiteter Auflage neu erschienen.

Der Aufbau sowie die Vollständigkeit und Tiefe der Darstellung auf insgesamt 765 Seiten machen deutlich: Das Buch wurde vorrangig als wissenschaftliches Lehrbuch konzipiert. Es ist aber auch für Praktiker gut geeignet. Denn die Sprache ist verständlich, eine Vielzahl von Grafiken und Tabellen veranschaulichen auch die anspruchsvolleren unter den vorgestellten Modellen. Konkrete Beispiele wie etwa die Wiedergabe der offiziellen Führungsgrundsätze bekannter Unternehmen sorgen in vielen Kapiteln für Praxisnähe.

Den Anfang bildet eine Einführung in die Natur von Führungsbeziehungen: Wie entsteht Führung? Welche Definitionen gibt es? Anschließend werden bekannte Führungstheorien wie die „Eigenschaftstheorie“ oder die „Charismatische Führungstheorie“ ausführlich vorgestellt, einschließlich einer Verortung und kritischen Würdigung der Führungspraxis.

Ein umfassender Überblick der aktuellen Forschungslage

Vollständig bis zu den modernen Ansätzen wie beispielsweise transformationale Führung oder Selbstführung fällt auch die Darstellung der Führungsstilmodelle aus. Ein Exkurs über Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit dieser Modelle zeigt: Führungsstilempfehlungen unterliegen nicht nur modischen Schwankungen. Es gibt auch keine allgemeingültigen „Patentrezepte“, die in bestimmten Situationen mit bestimmten Instrumenten verlässlich zum Erfolg führen.

Das Kapitel „Spezielle Blicke auf Führungsbeziehungen“ behandelt viele weitere neue Ansätze. Dabei tauchen auch Themen auf, die in der Öffentlichkeit vorwiegend als rechtspolitische Herausforderungen diskutiert werden, etwa Geschlechterquoten, der Gender Pay Gap oder die arbeitsrechtlichen Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt. Ansätze wie „Female Leadership“, „Digital Leadership“ oder „Netzwerk-Führung“ stellen dazu die dazu einschlägigen Führungsmodelle vor und erweitern so die Diskussion um eine wichtige Facette.

Sehr lesenswert ist das Schlusskapitel des Buches über „Ethische Reflexionen von Führungsbeziehungen“. Darin werden „The light side of leadership“ und „Bad Leadership“gegenübergestellt. Es entspricht dem differenzierten Stil des gesamten Buchs, dass der Autor dem Leser auch hier ein Happy End vorenthält und die Erwartung enttäuscht, dass ethische Führung auf längere Sicht stets auch die ökonomisch erfolgreichere ist. Im Vordergrund stehe vielmehr die Legitimität von Führung. Diese müsse fortwährend neu ausgehandelt und anhand moralischer Grundsätze, aber auch rationaler Erwägungen neu begründet werden.

Führungsprozesse verstehen

Bei Weiblers Werk „Personalführung“ handelt es offensichtlich nicht um einfache Ratgeberliteratur für die schnelle Lektüre im Wartebereich eines Flughafens. Wer hingegen herausfinden will, wie  Führungsprozesse  im Detail funktionieren (und wie nicht), dabei die Befassung mit theoretischen Grundlagen nicht scheut oder einfach ein fundiertes Nachschlagewerk für ein bestimmtes aktuelles Stichwort aus der Führungsliteratur sucht, liegt mit diesem Buch goldrichtig.

Jürgen Weiblers Buch „Personalführung“ ist 2016 im Franz Vahlen Verlag erschienen (ISBN-10: 3800651718).

Wer noch mehr über die Behandlung von Führungsthemen durch den Autor wissen möchte, wird auf der Internetplattform www.leadership-insiders.de fündig.