Insolvenzsicherung von Pensionskassenrenten: BAG-Entscheidung zur Haftung des PSV

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Wenn der Arbeitgeber betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse durchführt und diese aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten die Renten kürzen muss, haftet der Arbeitgeber dem Rentner für die Lücke unmittelbar. Was aber, wenn der Arbeitgeber infolge seiner Insolvenz nicht in der Lage ist, die Zahlungen zu erbringen? Haftet dann der Pensionssicherungsverein? Dazu haben sich der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht geäußert – und der Gesetzgeber ist tätig geworden. Rechtsanwältin Dr. Ingeborg Axler von der Fachanwaltskanzlei BJBK berichtet über den von ihr vertretenen Fall.

Hat eine Pensionskasse Leistungen gekürzt, für welche der Arbeitgeber einstehen muss, haftet der Pensionssicherungsverein nur, wenn die Kürzung der Pensionskassenrente mindestens 50 Prozent beträgt oder der Rentner unter die von Eurostat für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle fällt.

VAA: Wo liegt denn diese Armutsgefährdungsschwelle genau und was gilt für Insolvenzen ab 2022?

Axler: Für das Jahr 2018 lag die Armutsgefährdungsschwelle für eine Einzelperson bei 1.136 Euro monatlich, für einen Haushalt mit zwei erwachsenen Personen – zum Beispiel für ein Rentnerehepaar – bei 1.704 Euro. Dabei wird es auf alle Einkünfte gemäß Steuerbescheid ankommen. Tritt die Insolvenz ab dem 1. Januar 2022 ein, kommt es dagegen auf diese Voraussetzungen nicht mehr an. Dann haftet der Pensionssicherungsverein ohne weitere Voraussetzungen in voller Höhe für die entstehende Lücke, wenn der ehemalige Arbeitgeber aufgrund seiner Insolvenz ausfällt. Ab 2022 besteht also eine volle Sicherung der betrieblichen Altersversorgung, die über Pensionskassen durchgeführt wird, wenn die Pensionskasse die Leistungen nicht in vollem, ursprünglich zugesagten Umfang erbringt.

VAA: Was hat das BAG am 21. Juli 2020 entschieden?

Axler: In dem Verfahren, welches sowohl die Entscheidung des EuGH im Dezember 2019 als auch den neuen gesetzgeberischen Vorstoß im Juni 2020 ausgelöst hat, war die Insolvenz des Arbeitgebers bereits im Jahr 2012 eingetreten. Die Kürzung der Pensionskassenrente betrug weniger als 50 Prozent und der Rentner hatte – wie bei Führungskräften der chemischen Industrie ganz üblich – neben seiner Pensionskassenrente auch noch eine Firmenrente und natürlich eine gesetzliche Rente. Sein Einkommen lag daher auch gemeinsam mit dem seiner Ehefrau nicht unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle. Dem Bundesarbeitsgericht blieb daher gar nichts anderes übrig, als die Klage abzuweisen. So bedauerlich dies auch ist, so hat das Verfahren doch bewirkt, dass der Gesetzgeber für die Zukunft die Lücke in der Insolvenzsicherung auch bei Pensionskassenrenten geschlossen hat. Dies gilt leider in vollem Umfang erst für Insolvenzen, die ab 2022 eintreten. In Einzelfällen könnten aber möglicherweise die Voraussetzungen auch bei früheren Insolvenzen erfüllt sein. Dies muss immer genau geprüft werden.

 

Dr. Ingeborg Axler
Dr. Ingeborg Axler ist Partnerin der Fachanwaltskanzlei BJBK in Köln und bearbeitet schwerpunktmäßig Fälle der Betrieblichen Altersversorgung. Die Kanzlei (Kanzlei@bjbk.de) ist Kooperationspartner des VAA. Foto: BJBK