ULA-Positionspapier: Anforderungen an eine zukunftssichere Altersvorsorge

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Präambel
Die Absicherung des Lebensabends ist eine der zentralen Forderungen der Bürger an die Politik. Das Vertrauen hierauf ist mit ausschlaggebend für die Akzeptanz unseres politischen und gesellschaftlichen Systems sowie der Sozialen Marktwirtschaft. Vor dem Hintergrund, dass die staatliche Absicherung nur einen gedeckelten Baustein der Altersvorsorge darstellt, kann nur eine zukunftssichere Ausgestaltung aller Altersversorgungs-Säulen sowie eine umfassende Aufklärung über deren Zusammenwirken, gerade die junge Generation, zur erforderlichen Vorsorge bewegen.

In Deutschland wird die Altersvorsorge durch das 3-Säulen-Modell aus gesetzlicher Rentenversicherung (DRV), betrieblicher Altersversorgung (BAV) und privater Vorsorge (PV) gewährleistet. Letztere umfasst Anlagen, Geld- und Sachvermögen, zu denen auch Immobilien oder Beteiligungen zählen. Die 3-Säulen ergänzen sich, da sie jeweils unterschiedlich auf demographische und wirtschaftliche Entwicklungen reagieren.

Die aktuell noch gute konjunkturelle Wirtschaftslage hat eine Rekordbeschäftigung zur Folge, welche sich positiv auf die Einnahmen der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung auswirkt. Die prognostizierte demografische Entwicklung sowie die wechselnde Konjunkturaussichten können sich jedoch negativ auf diese Säule auswirken.

Zudem wirkt sich die anhaltende Niedrigzinsphase mit Blick auf die individuell zurechenbaren Renditen negativ auf Teile der kapitalgedeckten anderen Säulen aus. Gleichwohl trägt die kapitalgedeckte Altersvorsorge zur Kompensation fehlender generativer Leistungen der Erwerbstätigen seit Ende der 1960er Jahre bei. Darüber hinaus leistet sie einen Beitrag zur Linderung der intergenerativen Lastverschiebung. Sie wirkt also der im Umlageverfahren fortschreitenden Überwälzung steigender Ausgaben auf die Schultern der nachfolgenden Generationen entgegen.

Das Nebeneinander der drei Säulen hat sich grundsätzlich bewährt, da sich Schwankungen und Risiken ausgleichen. Für ein zukunftsfähiges System der Altersvorsorge gilt es daher, das bestehende System so weiterzuentwickeln, dass den Älteren ein auskömmlicher Lebendabend ermöglicht wird und zugleich die junge Generation wie auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Industriestandor-tes nicht überlastet wird.

Zielsetzung
Die Altersvorsorge und die damit verbundenen Erwartungshaltungen und Ängste der Bürger sind zuletzt mehrfach zum Spielball der Politik geworden. Quer über alle politischen Lager wird mit diversen Zahlen über die künftige Höhe des Rentenniveaus argumentiert, wobei hier stets nur Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen auf einen in der Realität nicht häufig vorkommenden Modellfall gemeint sind.

Ziel der ULA ist es, eine umfassende Positionierung aus Sicht der Führungskräfte vorzulegen und diese in den politischen Prozess einzubringen. Gleichzeitig sollen die in den 17 Mitgliedsverbänden organisierten Führungskräfte für das Thema sensibilisiert werden.

Galt es früher aus dem Blickwinkel der Führungskräfte nicht selten, ein zeitigeres Aussteigen aus dem Berufsleben abzusichern, gilt es heute verstärkt die Beschäftigung bis zur Regelaltersgrenze und darüber hinaus zu sichern sowie den erreichten Lebensstandard nach Renteneintritt zu halten. Das heutige umlagefinanzierte System gilt es hierzu vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, insbesondere im Hinblick auf Transparenz und Berechenbarkeit, zu reformieren.

Auch um populistischen Forderungen entgegenzuwirken, sind politische Konzepte erforderlich, die mehr Transparenz bei den erworbenen Anwartschaften, eine sinnvolle Verknüpfung und Stärkung aller 3-Säulen der Alterssicherung und eine soziale Antwort beinhalten, die die Lebensleistung arbeitender Bürger beim Rentenbezug gegenüber nicht Beschäftigten angemessen berücksichtigt. Dabei gilt es grundsätzlich, das Äquivalenzprinzip des Grundsatzes der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung zu erhalten.

Für eine möglichst breite Akzeptanz der Reformschritte bedarf es realistischer und langfristiger Berechnungen, damit kurzfristige Maßnahmen vermieden werden. Die bisherigen Beschlüsse der Bundesregierung in dieser Legislatur (Rentenpaket – Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung) haben die finanzielle Tragfähigkeit der DRV nachhaltig beschädigt.

1. SÄULE: GESETZLICHE RENTENVERSICHERUNG STÄRKEN
Die DRV ist ein beitragsbezogenes Rentensystem: Die Höhe der Rente orientiert sich an den geleisteten Beiträgen. Leider ist dieses Grundprinzip durch politische Eingriffe an vielen Stellen unterminiert worden, z.B. durch so genannte versicherungsfremde Leistungen.

Die unter dem Dachverband ULA vertretenen rund 70.000 Führungskräfte sind fast ausschließlich Höchstbeitragszahler in der solidarischen DRV. Sie stehen fest zu dem beitragsbezogenen Rentensystem und sind auch über ihre teils sehr hohen Steuerzahlungen bereit, das System zu unterstützen. Einer Ausweitung der Steuerfinanzierung stellen sich die Führungskräfte jedoch entschieden entgegen.

Leitlinien: Eckpunkte für ein stabiles System
Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland ist die zentrale Voraussetzung für einen leistungsfähigen Sozialstaat. Ohne eine funktionierende Wirtschaft ist das Umlagesys-tem des Generationenvertrags gefährdet.

Darum fordern die Führungskräfte:

  • Rückkehr zu einer aktiven Wachstumspolitik (seit der Agenda 2010 Stillstand in Deutschland)
  • Sozialversicherungsabgaben auf Arbeitsentgelte sollen dauerhaft unter 40 Prozent gehalten werden
  • Beibehaltung des Äquivalenzprinzips
  • Nicht durch Beiträge gedeckte versicherungsfremde Leistungen sind auf den Prüfstand zu stellen und gesamtgesellschaftlich zu finanzieren
  • Prämisse für alle Reformen muss die Generationengerechtigkeit sein

Haltelinien: Teure Versprechen gefährden Investitionen
Union und SPD haben sich 2018 mit dem “Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung” auf eine „doppelte Haltelinie“ verständigt, die neben einem stabilen Rentenniveau von 48 Prozent einen Höchstbeitragssatz von 20 Prozent vorsieht. Die doppelte Haltelinie gilt bis zum Jahr 2025. Dieser Mechanismus greift erstmals im Jahr 2022.

Das Rentenniveau gibt dabei das Verhältnis zwischen der Höhe der Altersbezüge eines sogenannten Standardrentners und dem Entgelt eines Durchschnittsverdieners wieder. Die Standardrentnerbiografie wird dabei konstant gehalten, obwohl die Regelaltersgrenze steigt.

Die Maßnahmen schwächen langfristig die Rentenversicherung im Sinne einer weiteren Entkopplung von Beitragsleistung und Rentenhöhe. Die Rentenreform hat so eine absehbare immer stärkere Stützung der DRV durch Zuschüsse aus allgemeinen Steuermitteln zur Folge. So belasten die gut gemeinten Maßnahmen am Ende die künftigen Generationen überproportional über Beiträge und/oder Steuern.

Sie enthalten in Summe bis 2030 Zusatzbelastungen für die gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 75 Milliarden Euro und erschweren ihre langfristige Finanzierung. Bereits in nur elf Jahren kann der notwendige Steuerzuschuss bei einem prognostizierten Gesamtvolumen der Rente von 400 Milliarden bereits bis zu 170 Milliarden Euro pro Jahr erreichen. Das entspricht in etwa dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von Rheinland-Pfalz und Saarland zusammen bzw. rund 1/3-Anteil am Bundes-haushalt.

Diese Steuermittel fehlen z.B. für Investitionen in Forschung, Bildung und Infrastruktur. Positive Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und steigende Beschäftigung, mit der daraus resultierenden breiteren Grundlage für Rentenbeiträge, unterbleiben. Die Zukunftschancen unseres Landes werden dadurch nachhaltig bedroht.

Generationengerechtigkeit: Prämisse für alle Reformen
Mit der 2018 von der Großen Koalition umgesetzten Reform der gesetzlichen Rentenversicherung wurde wider besseres Wissen der Koalitionsvertrag umgesetzt, ohne dass die wahren Kosten und Risiken für künftige Generationen und den Wirtschaftsstandort offengelegt wurden.

Die beschlossenen Leistungsausweitungen laufen den Zielsetzungen der Tragfähigkeit, der Solidität und der Belastbarkeit zuwider. Die meisten Maßnahmen schwächen die Rentenversicherung im Sinne einer weiteren Entkopplung von Beitragsleistung und Rentenhöhe. Die in der rot-grünen Regierungszeit unter Bundeskanzler Gerhard Schröder unternommenen Anstrengungen zur fairen Verteilung der demografisch bedingten Lasten auf die Generationen werden damit weiter unterminiert.“

Die darüber hinaus von Teilen der Politik geforderte Neuformulierung der Haltelinien über 2025 hinaus engen den Handlungsspielraum zusätzlich stark ein. Laut Rentenversicherungsbericht 2018 bleibt der Beitragssatz bis zum Jahr 2023 stabil bei 18,6 Prozent. Anschließend steigt der Beitragssatz auf 19,9 Prozent im Jahr 2024 und würde im Jahr 2025 die Sicherungslinie von 20 Prozent überschreiten. Daher greift die Sicherungslinie und hält den Beitragssatz auf Kosten des Fiskus bei 20 Prozent stabil.

Längerfristig bleiben demografische Herausforderungen bestehen, insbesondere wenn ab Mitte des kommenden Jahrzehnts mit der Alterung der geburtenstarken Jahrgänge die ersten Kohorten der so genannten ‚Baby Boomer‘ in den Ruhestand wechseln. Nach dem Jahr 2025 würde der Beitragssatz ohne neue politische Vorgaben bis auf 22,1 Prozent im Jahr 2030 ansteigen. Zum Ende des Vorausbe-rechnungszeitraums im Jahr 2032 würde er 22,5 Prozent betragen. Ab dem Jahr 2026 würde das Si-cherungsniveau vor Steuern unter 48 Prozent sinken. Zum Ende des Vorausberechnungszeitraums im Jahr 2032 könnte es ohne ein Gegensteuern 44,9 Prozent betragen.

Der Widerspruch zum Ziel einer intergenerativen Lastenverteilung tritt dabei deutlich zu Tage: Selbst, wenn jüngere Beitragszahler einen um 4 Prozentpunkte höheren Beitragssatz zahlen würden also das Pendant zum derzeit maximal förderfähigen Beitrag zur Privatvorsorge – erreichen sie nur ein um 3 Prozentpunkte niedrigeres Rentenniveau, und das noch gänzlich ohne eigene Privatvorsorge. Hinzu kommen wesentlich höhere Kosten für die Pflegeversicherung.

Vor dem Hintergrund der stetig steigenden Lebenserwartung kann eine Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung die junge Genration spürbar entlasten. Sofern sich die Regierungs-kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ für eine solche Erhöhung der Regelaltersgrenze aus-spricht, ist es unabdingbar, sinnvolle Modelle unter anderem für eine attraktive und flexible Altersteilzeit, die altersgerechte Ausstattung der Arbeitsplätze sowie für die betriebliche Weiterbildung zu ent-wickeln.

Dabei gilt es, das Expertenwissen gerade der Fach- und Führungskräfte an die Unternehmen zu binden. Gleichzeitig ist es notwendig, der Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer, insbesondere bei zeitlich und verantwortungsbedingter hoher Arbeitsbelastung sowie in körperlich fordernden Tätigkeiten, gerecht zu werden. Ein Schlüssel für eine erfolgreiche längere Einbindung älterer Arbeitnehmer in die Unternehmen ist ihre Wertschätzung.

Bei Berufsgruppen, welche aufgrund von gesetzlichen Regularien ihre Tätigkeit nicht bis zum regulären Renteneintrittsalter ausüben dürfen, ist der Gesetzgeber gefordert sicherzustellen, dass durch geeig-nete Versorgungsmodelle die bereits heute bestehende finanzielle Lücke zwischen gesetzlich bedingtem Ende der Tätigkeit und regulärem Renteneintrittsalter geschlossen wird.

Gesetzlich bedingte Beschränkungen der Ausübung von Berufen (zum Beispiel durch medizinische Begrenzung von einer für die Tätigkeit verpflichtenden Lizenzierung) dürfen nicht zu Abschlägen bei der Alterssicherung und damit zu einer finanziellen Belastung der betroffenen Berufsgruppe führen. Dies würde umso mehr bei einer weiteren Anhebung des gesetzlichen Regelrentenalters gelten, durch wel-che sich diese Versorgungslücke noch weiter vergrößern würde.

Digitalisierung: Potentiale heben
Die Digitalisierung bietet bei konsequenter Anwendung die Möglichkeit, die Kostenstruktur der gesetzlichen Rentenversicherung weiter zu verbessern. Gleichzeitig ist Sie der Schlüssel für mehr Transparenz im Hinblick auf die Umsetzung des im Koalitionsvertrag beschlossenen Renteninformationssystems. Dieses soll, mit Blick auf die persönlichen Bausteine der Altersvorsorge, den Bürgern mehr Überblick verschaffen. Für die tatsächliche Bedarfsermittlung ist es jedoch erforderlich, einen umfassenden Blick auf den Haushaltskontext vorzunehmen.

Für die wachsende Zahl atypischer angestellter und selbstständiger Beschäftigungsverhältnisse sind verpflichtende Mindestabsicherungen zu schaffen. Die Wahlfreiheit des Weges der Vorsorge für bislang nicht obligatorisch abgesicherte Selbstständige muss dabei in jedem Fall den Betroffenen obliegen.

Im Rahmen der Plattformökonomie wie auch getrieben durch die zunehmende Internationalisierung von Arbeit ist es für die Akzeptanz und die Effizienz der Sozialversicherungssysteme unerlässlich, unbürokratische und digitale Wege für die häufige An- und Abmeldung beim Versicherungsträger sowohl für die Bürger wie auch die Arbeitgeber zu realisieren.

Lebensleistung: Gesellschaftliche Aufgaben nicht systemfremd finanzieren
Die im Koalitionsvertrag beschlossene Einführung einer Grundrente, die die Lebensleistung arbeiten-der gegenüber nicht-arbeitenden Bürgern auch bei geringen Lohnniveaus oder bei Kindererziehung oder Pflegezeiten erforderlichen Teilzeitbeschäftigungen durch ein regelmäßiges Alterseinkommen von zehn Prozent oberhalb des Grundsicherungsbedarfs würdigt, kann die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung steigern.

Eine hinreichende Bedarfsprüfung muss dabei sichergestellt sein, um neue Ungerechtigkeiten durch eine „Gießkannenwirkung“ zu vermeiden. Die Finanzierung der Grundrente muss ebenfalls aus Steuermitteln und nicht durch den Griff in die Kassen der Renten-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherung erfolgen. Die Armutsvorsorge erfolgt nicht als Teil der linearen deutschen Rentensystematik sondern wird über die Grundsicherung aus Steuermitteln sichergestellt.

Versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente und die in der letzten Legislaturperiode eingeführte abschlagsfreie vorgezogene Rente für langjährig Versicherte (45 Jahre) dürfen nicht länger über die Rentenkasse finanziert werden. Im Jahr 2018 nutzte bereits fast jeder dritte Neurentner die ab-schlagsfreie Rente ab 63 an Stelle der regulären Altersgrenze von zuletzt 65 Jahren und acht Monaten.

2. SÄULE: BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG
Chancen wahrnehmen: Bewährte Modelle stärken
Die Betriebliche Altersversorgung (BAV) ist ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterbindung gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. Alle fünf klassischen Durchführungswege decken die Bedürfnisse von Unternehmen und Arbeitnehmern ab:
• Direktzusage
• Pensionskasse
• Pensionsfonds/Aufgeschobene Vergütung (Deferred Compensation)
• Unterstützungskasse
• Direktversicherung

Diese Instrumente sind zu erhalten, um Unternehmen und Arbeitnehmern die Wahlfreiheit zu ermög-lichen. Dabei sind Effizienzpotentiale durch die Digitalisierung zu heben, um die Durchführung zu entbürokratisieren.

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz von 2018 ist der erneute Versuch der Politik, das Instrument BAV zu stärken, insbesondere durch die Ermöglichung einer reinen Beitragszusage. Das neue Instrument der Tarifrente wird erst zeigen müssen, ob es für die Bedürfnisse von Führungskräften passgenau ist.

Doppelverbeitragung: Rückkehr zum Normalzustand
Die ULA unterstützt die eindringlichen Forderungen nach einem Abbau der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten. Es gilt, diese rentenpolitisch fragwürdige und ungerechte Regelung schnellstmöglich zu beenden. Dies wäre ein wichtiges Signal, die politisch gewünschte betriebliche Altersversorgung wieder attraktiv zu machen.

Dringend erforderlich ist die Rückkehr zum normalen Beitragssatz für den Arbeitnehmeranteil. Konkret bedeutet dies, dass auf Betriebsrenten zukünftig wieder nur noch der halbe Beitrag – idealerweise gar kein Beitrag – zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt werden muss. Gleichzeitig gilt es, die bisherige Freigrenze von monatlich 152,25 Euro zu einem Freibetrag umzuwandeln.

Die Politik ist gefordert, das Vertrauen der jungen Generation in das Funktionieren aller drei Säulen der Altersvorsorge zu fördern. Ein mutiges Bekenntnis der Parteien zur Stärkung der BAV wäre dabei ein wichtiger Schritt.

3. SÄULE: DIVERSIFIZIERUNG DER PRIVATEN VORSORGE UNTERSTÜTZEN
Riester-Rente: Private Vorsorge umfassend reformieren
Die private Zulagenrente (Riester) bedarf dringend einer Reform. Wichtigste Aufgabe ist es, die Attrak-tivität durch mehr Transparenz und Effizienz zu steigern. Derzeit führen die Komplexität der Prozesse und die schwer verständliche Förderung zu hohem betriebswirtschaftlichem und Beratungsaufwand und dadurch zu Produkten mit teils hohen Kosten, welche den Bürgern eine transparente Entscheidung erschweren und den Ruf des an sich guten Produktes oftmals in ein schlechtes Licht rücken.

Die Zulagenbeantragung und -gewährung wie auch der Informationsfluss insgesamt sind zu digitalisieren, um einen automatisierten Datenabgleich mit den Finanzämtern zu erreichen. Dies dient der Einsparung von Kosten und dem Abbau von Fehlerquellen. Gleichzeitig sollte mehr Transparenz bei den Bürgern über die Höhe der möglichen Förderung und die zur stärkeren Ausschöpfung der Förderung nötigen Eigenleistung zu erreichen (aktuell erhalten nur 50 Prozent der Sparer die volle Förderung).

Stärkung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Teilhabe von Arbeitnehmern am Wachstum
Vor dem Hintergrund der erwarteten demografischen Entwicklung sowie der anhaltenden Niedrigzinspolitik erscheint eine Diversifizierung in den Anlageformen zur Alterssicherung unerlässlich. Nach einer Erhebung der Bundesbank halten jedoch bislang nur sieben Prozent der Deutschen Aktien. Mit Fonds zusammen erhöht sich dieser Wert auf rund 14 Prozent. Ziel muss es daher sein, die Bürger hierzulande stärker als bisher an den Entwicklungen an den Aktienmärkten teilhaben zu lassen.

In Zeiten des Fachkräftemangels kann es bei wettbewerbsfähigen Unternehmen ein zielführendes Motivations- und Bindungsinstrument sein, die eigene Belegschaft über Mitarbeiterbeteiligungsprogramme am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Obgleich damit auch ein unternehmerisches Risiko eingegangen wird, kann dies für Arbeitnehmer einen weiteren Baustein zur Altersvorsorge bilden, der sich im Normalfall lukrativer als ein Rentenfonds darstellt. Zugleich kann es sich positiv auf die Produk-tivität des Unternehmens auswirken, wenn Arbeitnehmer über Anteile ihrer Firma verfügen.

Eine Musterberechnung der ULA zeigt, dass das Instrument ‚Mitarbeiterkapitalbeteiligung‘ mit einem tragbaren Aufwand (in diesem Beispiel ca. 25,- Euro pro Monat) auch bei geringeren Einkommen zu einem entscheidenden Baustein der Altersversorgung werden und zu einem signifikanten Vermögensaufbau beitragen kann. Die erreichbare Zusatzrente von bis zu 430 Euro monatlich könnte um mehr als 10 Prozent auf rund 490 Euro ansteigen, wenn der geldwerte Vorteil durch Anhebung des Freibetrags auf ein mit den europäischen Nachbarländern vergleichbares Niveau von mindestens 3.600 Euro pro Jahr entfallen würde.

Für eine stärkere Teilhabe von Arbeitnehmern am Wachstum fordert die ULA:
• Die in Deutschland geltenden Steuerfreibeträge für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von jähr-lich 360 Euro bleiben bislang weit hinter denen anderer europäischer Länder wie Irland (12.700 Euro), Spanien (12.000 Euro) oder Österreich (7.500 Euro) zurück. Sie sind daher in einem ersten Schritt in § 3 Nr. 39 EStG spürbar auf mindestens 3.600 Euro jährlich zu erhöhen.
• An der hierzulande geltenden Vorgabe, Mitarbeiterkapitalbeteiligungs-Programme nach einem Jahr Betriebsangehörigkeit allen Arbeitnehmern eines Unternehmens anzubieten, sollte aus sozialpolitischen Gründen zwingend festgehalten werden.
• Die Rückkehr zu einer Haltefrist der Mitarbeiterbeteiligung an ihrem Unternehmen für eine Steuerförderung ist zu prüfen, um Anreize für eine nachhaltige Eigentumsbildung der Arbeit-nehmer zu setzen. Um das Instrument langfristig zu einem zentralen Baustein der Altersvor-sorge zu entwickeln, sollten die zu versteuernden Beiträge in Zukunft mit steigernder Haltedauer deutlich reduziert werden.

Immobilien: Entscheidender Baustein für die Vermögensbildung
Ein Großteil der Bürger ist von der positiven Entwicklung auf den Immobilienmärkten abgekoppelt. Dies zeigt sich auch daran, dass Deutschland die niedrigste Eigenheimquote aller EU-Staaten hat. Dies und die hierzulande verbreite Ablehnung von Aktienanlagen führt dazu, dass Deutschland heute beim Haushalts-Nettovermögen Schlusslicht im EU-Vergleich ist (Median 2013: 51.000, EU-Durchschnitt: 109.000 Euro). Steigende Wohnkosten in Form hoher Mieten und allgemeinen Wohnraum-mangel in Ballungsgebieten und Wachstumsregionen gefährden dabei einen auskömmlichen Lebens-abend. Selbstgenutztes Wohneigentum kann hingegen in vielen Regionen Deutschlands ein sinnvoller Weg zur Altersvorsorge sein.

Erforderlich sind:
• eine Senkung der Kaufnebenkosten (heute bis zu 17-19 Prozent des Kaufpreises), z.B. der Grunderwerbssteuer durch die Bundesländer,
• eine vermehrte Ausweitung von Bauland und abgestimmte Investitionsprogramme in ländliche Regionen und dem Umland großer Zentren, um Druck aus den städtischen Immobilienmärkten zu nehmen,
• eine inflationsbedingte Anpassung der Wohnungsbauprämien, Fördersätze und Steuerfrei-grenzen bei der Eigenheimrente (Wohn-Riester) sowie
• die Überprüfung der hohen Regelungsdichte des deutschen Baurechts. Diese wirkt sich stark kostentreibend aus und trägt dazu bei, die Vermögensbildung breiter Schichten zu verhindern.

EU-weite private Altersvorsorge: Pan European Pension Product (PEPP)
Die EU-Kommission hat einen Rahmen geschaffen für ein europaweit geltendes privates Altersvorsor-gesystem, dessen Produkte die Bürger beim Umzug in ein anderes EU-Land mitnehmen können.

Mit Blick auf die fortschreitende europäische Integration kann ein zusätzliches paneuropäisches Instrument der Altersvorsorge gerade mit Blick auf die gestiegene Mobilität der jungen Generation in-nerhalb Europas ein sinnvoller Weg sein. Entscheidend ist, dass die bestehenden nationalen Systeme nicht unterminiert werden.

Das Positionspapier als PDF-Download finden Sie hier.

Stand: 09/2019