ULA-Stellungnahme: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Ver-trieb von Organismen für gemeinsame Anlagen (Fondsstandortgesetz – FoG)

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Die ULA ist die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände. Sie vertritt die politischen Interessen der Führungskräfte gegenüber Regierung und Parlament sowohl in Berlin als auch in Brüssel. Mit siebzehn Mitgliedsverbänden bildet sie den größten Zusammenschluss von Führungskräften in Deutschland. Die ULA ist Mitglied in der CEC – European Managers, dem europäischen Dachverband für Führungskräfte mit rund einer Million Mitgliedern.

 

1. Zusammenfassende Bewertung

 Die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände ULA sieht in dem vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 2. Dezember 2020 versendenten Entwurf für ein FoG einen Beitrag, um die Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu erhöhen und begrüßt diesen zunächst ausdrücklich.

Gleichwohl bleibt der vom BMF vorgelegte Entwurf des FoG hinter den Gestaltungsmöglichkeiten, die die Bürger von einer großen Koalition erwarten, zurück und trägt nicht dazu bei, den Abstand zu unseren europäischen Nachbarländern bei der Attraktivität der Mitarbeiterbeteiligungen für Unternehmen und Mitarbeiter entscheidend zu verringern. Diese Kluft hemmt eine breite und unserem marktwirtschaftlichen System angemessene Vermögensbildung. Teile der Politik haben dies erkannt, wie beachtenswerte Vorschläge und Forderungen mehrerer Parteien in den letzten Monaten gezeigt haben.

 

2. Begründung

§ 3,39: Erhöhung des Freibetrags von „360 Euro“ auf „720 Euro“ darf nur erster Schritt sein

Die Teilhabe von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen am Erfolg ihrer Unternehmen ist ein zentraler Baustein für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft. Der Dachverband der Führungskräfte (ULA) hatte daher die bereits am 10. November 2019 erfolgte Ankündigung einer Anhebung der steuerlichen Freigrenzen durch den Koalitionsausschuss als Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Zur Wahrung des Vertrauens der Bürger und Unternehmen auf diese Zusage von CDU/CSU und SPD sehen wir in dem nunmehr vorliegenden Entwurf des Fondsstandortgesetz (FoG) eine grundsätzlich zu begrüßende Umsetzung der Anhebung des steuerlichen Freibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen nach § 3 Nummer 39 Einkommensteuergesetz von heute jährlich 360 auf 720 Euro.

Früheres Inkrafttreten erforderlich

Unsere Hauptkritik richtet sich gegen den Zeitpunkt des Inkrafttretens. Die in der ULA vertretenen Führungskräfte, von denen viele als gewählte Vertreter der Leitenden Angestellten in den Sprecherausschüssen und Aufsichtsräten im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung engagiert sind, berichten von jetzt laufenden Verhandlungen in den Unternehmen. Die geplante Anhebung erst zum 1. Juli 2021 bedeutet für die Vermögensbildung der Arbeitnehmer, dass die Potentiale der Mitarbeiterkapitalbeteiligung im Jahr 2021 aufgrund fehlender Planungssicherheit nicht ausgeschöpft werden können. Es ist daher zu prüfen, ob eine rückwirkende Erhöhung zum 1. Januar 2021 gelingen kann, um zumindest für Teile der Unternehmen und deren Mitarbeitende noch eine positivere Wirkung zu erzielen.

Spürbar höherer Freibetrag wichtig für zukunftssichere Altersvorsorge:

Nach dieser Erhöhung liegt Deutschland dann noch immer am unteren Ende der Förderung unserer Nachbarländer. Dabei wird besonders das hohe Potential der steuerbegünstigten Mitarbeiterkapitalbeteiligung für eine zukunftssichere Altersvorsorge unterschätzt. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sowie der anhaltenden Niedrigzinspolitik ist eine Diversifizierung in den Anlageformen zur Alterssicherung – insbesondere für junge Arbeitnehmer – mehr denn je erforderlich.

Eine Musterrechnung der ULA zeigt, dass das Instrument Mitarbeiterkapitalbeteiligung bereits mit einem tragbaren Aufwand von beispielsweise circa 25 Euro pro Monat auch bei geringeren Einkommen zu einem entscheidenden Baustein der Altersversorgung werden und zu einem signifikanten Vermögensaufbau beitragen kann. Dies führt bei einem Steuerfreibetrag von künftig 720 Euro pro Jahr zu einer „Zusatzrente“ von etwa 460 Euro monatlich, die über 23 Jahre hinweg konstant gehalten werden kann. Eine Anhebung des Freibetrags für die erhaltenen Zusatzaktien auf ein mit den europäischen Nachbarländern vergleichbares Niveau von mindestens 3.600 Euro pro Jahr würde es beispielsweise ermöglichen, mit einem für weite Teile der Arbeitnehmerschaft tragbaren Aufwand von durchschnittlich 100 Euro pro Monat die monatliche Rente auf rund 1.800 Euro nahezu zu vervierfachen.

Die Bürger und Bürgerinnen müssen dafür auch hierzulande weit stärker als bisher an den Entwicklungen ihrer Unternehmen teilhaben. Obgleich damit ein unternehmerisches Risiko eingegangen wird, sollte dies für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einen weiteren Baustein zur Altersvorsorge bilden. Zugleich wirkt sich die Mitarbeiterbeteiligung positiv auf die Mitarbeiterbindung und Produktivität der Unternehmen aus, wenn sie zu Mitunternehmern und Eigentümern werde. Die in Deutschland geltenden Steuerfreibeträge für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen von künftig wohl 720 Euro bleiben weiterhin deutlich hinter denen anderer europäischer Länder wie Spanien (12.000 Euro), Österreich (bis zu 7.500 Euro) oder Großbritannien (4.000 Euro) zurück.

Strukturelle Benachteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beenden

Der Entwurf lässt die Chance verstreichen, die strukturelle Benachteiligung der Mitarbeiter zu beenden. Weiterhin sollen nur die Zuwendung durch den Arbeitgeber steuer- und sozialabgabenfrei bleiben. Die Einlagen der Beschäftigten nach § 3,39 EStG sind nach wie vor zwar steuerfrei. Sie bleiben aber sozialabgabenpflichtig.

Ohne eine Änderung dieser Einschränkung, wird die Erhöhung des Freibetrags nicht ihre volle Wirksamkeit entfalten können. Es ist zu erwarten, dass nur wenige Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die vollen 720 EUR pro Jahr gewähren können oder wollen. Auch steht zu befürchten, dass angesichts eines höheren Freibetrags nunmehr nicht deutlich mehr Unternehmen für diesen Fall die komplexen Regelungen der „halben Förderung“ anwenden.

§ 19a: Sondervorschrift für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Vermögensbeteiligungen

Die ULA sieht in dem neuen Förderungsinstrument der „nachgelagerten Besteuerung“ für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung eine geeignete Maßnahme, den Standort Deutschland insbesondere für die Gründer- und Start-up-Szene und deren Mitarbeiter international wettbewerbsfähiger zu machen.

Der Entwurf sieht vor, im Einkommensteuergesetz (§ 19a EStG (neu)) eine Regelung aufzunehmen, nach der die Einkünfte aus der Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers zunächst nicht besteuert werden. Die Besteuerung soll erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen, in der Regel im Zeitpunkt der Veräußerung, spätestens nach 10 Jahren oder bei einem Arbeitgeberwechsel. Dies soll die Mitarbeitergewinnung fördern und die Mitarbeiterbindung stärken. Auch Mitarbeitende von Kleinstunternehmen sowie KMU sollen einbezogen werden.

Aus Sicht der Führungskräfte ist positiv zu bewerten, dass die Regelung nicht auf Startups beschränkt bleiben soll. Nicht nachvollziehbar erscheint, dass die Regelung nur angewendet werden soll, wenn es sich um ein Unternehmen handelt, das die KMU-Definition der EU erfüllt und nicht älter als 10 Jahre ist. Die KMU-Definition erfüllen Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern bei einem Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. EUR.

 

3. Kernforderungen der Führungskräfte

  • Es ist zu prüfen, ob eine rückwirkende Erhöhung der Erhöhung des Freibetrags von „360 Euro“ auf „720 Euro“ nach § 3,39 EStG zum 1. Januar 2021 gelingen kann.
  • Dringend notwendig ist eine weitere Erhöhung der Steuerfreibeträge für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung auf ein internationales Niveau von mindestens 3.600 Euro jährlich.
  • Auch Einlagen der Mitarbeiter müssen im Rahmen des geltenden Freibetrags steuer- und sozialabgabenfrei sein.
  • Die nachgelagerte Besteuerung nach § 19a EStG muss für alle Unternehmen und auch für die Einlagen der Mitarbeiter gelten.
  • Eine breit angelegte staatliche Informationskampagne, um die Unternehmen und Arbeitnehmer für die Chancen der Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu sensibilisieren.

 

Die ULA-Stellungnahme als PDF-Download finden Sie hier.