VAA-Rechtstipp: Schriftform bei vorzeitigem Ausscheiden erforderlich

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Wird einem Arbeitnehmer in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich oder einem Aufhebungsvertrag über eine „Fluchtklausel“ das Recht eingeräumt, mit einer kurzen Ankündigungsfrist vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, bedarf die Erklärung dieses Ausscheidens zwingend der Schriftform.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Eine Arbeitnehmerin hatte im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens mit ihrem Arbeitgeber einen Vergleich geschlossen, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2014 und eine Freistellung unter Fortzahlung des Gehalts ab 1. November 2013 vorsah. Außerdem wurde der Arbeitnehmerin die Möglichkeit zu einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit einer Ankündigungsfrist von drei Tagen eingeräumt. Die Arbeitnehmerin sollte das vorzeitige Ausscheiden schriftlich anzeigen und für jeden Kalendertag vorzeitigen Ausscheidens eine Sozialabfindung in Höhe von 70 Euro erhalten.

Am 26. November 2013 teilte der Anwalt der Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber per Telefax mit, dass seine Mandantin zum 30. November 2013 vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide. Der Arbeitgeber erkannte die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses allerdings nicht an, weil aus seiner Sicht die vereinbarte Schriftform durch die Telefaxübermittlung nicht gewahrt wurde. Die Arbeitnehmerin vertrat hingegen die Auffassung, sie habe durch die Anzeige des vorzeitigen Ausscheidens lediglich ein Optionsrecht ausgeübt, was nicht der Schriftform bedurfte. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei bereits im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs als Grundgeschäft formwirksam vereinbart worden. Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber recht, das Landesarbeitsgericht entschied dagegen im Sinne der Arbeitnehmerin.

In der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) erhielt schließlich der Arbeitgeber recht (Urteil vom 17. Dezember 2015, Aktenzeichen: 6 AZR 709/14). Die BAG-Richter entschieden, dass auch die Anzeige des vorzeitigen Ausscheidens eine Willenserklärung darstellt, die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin gerichtet ist. Mit Abgabe dieser Willenserklärung werde eine Kündigung erklärt und keine „Modifikation“ oder „Umgestaltung“ der vertraglichen Vereinbarungen vorgenommen. Somit unterliege sie zwingend dem Schriftformerfordernis nach § 623 BGB, das durch eine per Telefaxschreiben übermittelte Erklärung nicht erfüllt wird. Somit war die Erklärung nichtig und das Arbeitsverhältnis wurde dadurch nicht zum 30. November 2013 beendet.

Praxistipp: Mit seinem Urteil hat das BAG klargestellt, dass sich das Schriftformerfordernis nach § 623 BGB auf alle Formen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erstreckt. Bislang war es in der Praxis durchaus üblich, Erklärungen zum vorzeitigen Ausscheiden nur per E-Mail oder Telefax zu übermitteln. Solche Erklärungen erfüllen das Schrifterfordernis jedoch nicht und sind somit nichtig, auch wenn in der Regel weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer ein Interesse an der Nichtigkeit haben dürften.

Quelle: Newsletter des VAA – Führungskräfte Chemie
Weitere Informationen: www.vaa.de