Talente 45plus verlangen nach neuen Entwicklungsperspektiven

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Der Beschäftigtenanteil in der Altersgruppe 45+ ist in vielen Unternehmen bereits heute hoch und wird in Zukunft weiter wachsen. Gerade in wissensintensiven Bereichen ist die Gestaltung dieser Karrierephase für die Unternehmen eine personalpolitische Herausforderung. Vor diesem Hintergrund haben ULA und Führungskräfte Institut mit dem Umfrage-Panel „Manager Monitor“ eine Studie der Unternehmensberatung „Human Consulting“ (im Zeitpunkt der Umfrage: Krähberg Consulting) unterstützt.

Es ergeben sich drei zentrale Erkenntnisse aus der Umfrage.

1) Talente 45+ sehen in Unternehmen kaum Entwicklungsperspektiven

Die Frage nach der Wahrnehmung und Bewertung der Angebote für die Altersgruppe 45plus ergibt einen eindeutigen Negativ-Ausreißer. Nur 40 Prozent der Befragten sehen ihre Erwartungen an „Entwicklungswege- und Entwicklungsperspektiven“ als erfüllt an (Summe der Antwortkategorien: „absolut erfüllt“, „erfüllt“, „eher erfüllt“).  Im Vergleich dazu liegt die Zufriedenheit in den anderen Antwortkategorien immer bei über 50 Prozent, unter anderem über die gewährte Arbeitszeitflexibilität (74 Prozent), das Gesundheitsmanagement im Unternehmen (73 Prozent), den „gezielten Einsatz von Stärken und Potentialen“ (62 Prozent) sowie die Arbeitsortflexibilität (61 Prozent).

2) Unternehmen können mit der richtigen Auswahl von Instrumenten die Erwartungen von Fach- und Führungskräften erfüllen

In einer weiteren Frage wurden personalpolitische Instrumente für eine gelungene Ausgestaltung der zweiten Karrierehälfte zur Diskussion gestellt. Sie konnten auf einer sechsstufigen Skala zwischen „absolut attraktiv“ und „gar nicht attraktiv“ bewertet werden.

Das Ergebnis zeigt eine klare Präferenz für Modelle, die auf eine Weitergabe von Wissen abzielen und/oder einen höheren Grad an Flexibilisierung ermöglichen. Auf die höchste Zustimmung stieß die Antwortkategorie „Karrierewege 55+“ (mit dem Schwerpunkt „Wissenstransfer“) sowie „Senior Experten Pools“. Jeweils 84 Prozent sehen diese Instrumente als attraktiv an. 81 Prozent bewerten „interne Projektbörsen“ und 79 Prozent „agilen Verantwortungswechsel im Team“ positiv. Vereinbarungen über eine kürzere oder befristete Verweildauer in Führungspositionen, stoßen mit 49 Prozent auf das geringste Interesse.

In Summe haben die Befragten also genau jene Aspekte im Fokus, die Unternehmen am stärksten in ihrer zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit hemmen, nämlich geringe Kollaboration und ausgeprägtes „Silodenken“, ein schwaches Vertrauen und geringe Freiheitsgrade.
Es zeigt sich ein ausgeprägter Entwicklungswille bei den Befragten. Jeweils mehr als 80 Prozent der Befragten erklären sich bereit, Wissen stärker zu teilen, sich stärker im Unternehmen zu vernetzen, Sozialkompetenzen auszubauen oder eine Mentorenrolle zu übernehmen. Lediglich ein Standortwechsel oder die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit sind nur für eine Minderheit der Befragten (knapp unter 40 Prozent) eine attraktive Option.

3)  Flexibilisierungsmöglichkeiten zu Arbeitszeit und -ort, werden zwar als vorhanden wahrgenommen, aber von der Zielgruppe nicht genutzt.

Eine weitere Frage zielt auf Hemmnisse. Das Angebot einer Arbeitszeitreduzierung mit gleichzeitiger Abgabe von (Führungs-)Verantwortung würden 23% der Befragten annehmen. Dem gegenüber bestehen verschiedene Begründungen das Angebot abzulehnen: Die Sicherung des Lebensstandards: 60 Prozent nennen die Furcht vor Gehalts- und Renteneinbußen als Grund, ein solches Angebot nicht anzunehmen. Auch die Sorge vor Stigmatisierung als „leistungsgemindert“ oder einer Unterforderung spielen eine Rolle und werden von rund 30 Prozent der Befragten als Hemmnis genannt. 31 Prozent der Befragten würden das Angebot ablehnen, weil der Aufgabenzuschnitt derzeit genau richtig ist.
Es ergibt sich damit ein differenziertes Bild, das dem gängigen Klischee widerspricht, Führung in Teilzeit sei per se nicht möglich. Gerade in der Altersgruppe 45plus existieren offenbar eine Vielzahl unterschiedlicher individueller und kultureller Barrieren, die gezielt adressiert werden sollten und können. Dabei spielt die Eigen- und Fremdwahrnehmung von Leistungsfähigkeit eine bedeutende Rolle.

Informationen über die Umfrageteilnehmer

An der Umfrage haben 539 Personen teilgenommen (78 Prozent männlich, 22 Prozent weiblich). Die Alterstruktur der Befragten entspricht Zuschnitt und Fragestellung der Umfrage: 38 Prozent sind zwischen 41 und 50 Jahre und 50 Prozent zwischen 51 und 60 Jahre alt. Leitende Angestellte bilden mit 59 Prozent die größte Arbeitnehmerkategorie, gefolgt von außertariflichen Angestellten (30 Prozent), Tarifangestellten (6 Prozent) und Vorstandsmitgliedern/Geschäftsführern (5 Prozent).
Die am stärksten repräsentierten Branchen sind die Bereiche Chemie (40 Prozent) sowie IT und Medien (20 Prozent) und Finanzdienstleistungen (9 Prozent). Bei einem Branchenvergleich ergibt sich, was die Bewertung des Status quo (Frage 1) angeht, ein relativ homogenes Bild. Die höchsten Zufriedenheitswerte erzielen der Bereich IT und Medien. Auch bei der Bewertung der vorgestellten Instrumente sind keine signifikanten Unterschiede feststellbar.

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