Wahlprogramme zur Bundestagswahl: Markante Unterschiede in der Sozialpolitik

Ein Vergleich der Wahlprogramme zur Bundestagswahl erbringt Markante Unterschiede im Bereich Sozialpolitik.

Ein zentrales Wahlkampfthema ist das gesetzliche Rentenniveau. Nach geltendem Recht sollte es für einen „Standardrentner“ (45 Jahre Beitragszahlung zum Durchschnittsverdienst) zwischen 2004 und 2030 von 53 Prozent auf 43 Prozent sinken. 2017 liegt dieser Wert bei 48,2 Prozent, etwas höher als vor 13 Jahren prognostiziert. CDU/CSU plädieren dafür, das Rentenniveau bis 2030 planmäßig sinken zu lassen. Auch die FDP spricht sich gegen Eingriffe und sonstige Rentengarantien aus. SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollen den Abwärtstrend stoppen und den aktuellen Wert einfrieren, während die Linke die Rückkehr zum Niveau von 53 Prozent anstrebt.

Die Vermeidung von Altersarmut ist laut CDU/CSU die Aufgabe von gesetzlicher Rente, Betriebsrente und privater Vorsorge. Drei Parteien wollen armutssichernde Komponenten in die Rentenversicherung integrieren: die SPD (Solidarrente mit einem Niveau von zehn Prozent über der Grundsicherung nach 35 Jahren Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflege), die Linke (1.050 Euro „solidarische Mindestrente“) und die Grünen, letztere ohne konkrete Angaben zum Niveau oder zur Wartezeit (Beitragszahlung, Kindererziehung oder Pflege im „größten Teil“ des Lebens). Die AfD will das Problem über einen Zuschlag zur Grundsicherung lösen, das FDP-Programm enthält keine Aussagen über Altersarmut.

Eine volle Gleichbehandlung von Kindererziehungszeiten vor und nach 1992, also einheitlich drei „Entgeltpunkte“, fordern Unionsparteien und die Linke. Letztere fordert außerdem eine bessere Anerkennung von Ausbildungszeiten. Auch die AfD schlägt die bessere Honorierung des „doppelten Beitrags“ von Eltern zur Rentenversicherung vor. Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrenten stellen CDU/CSU, FDP, SPD und Linke in Aussicht.

Die FDP plant die Aufnahme eines jahrgangsindividuellen Faktors in die Rentenformel. Dieser soll bei Rentenbeginn Änderungen bei der Lebenserwartung berücksichtigen. Die jüngsten Reformen im Betriebsrentenrecht (reine Beitragszusagen ohne Garantien) will sie auch auf nicht tarifgebundene Unternehmen erstrecken und die Informationslage über die gesetzlichen, betrieblichen und privaten Vorsorgeansprüche verbessern (trägerübergreifendes, „freiwilliges Vorsorgekonto“).

Bei der Finanzierung der gesetzlichen Renten (Beiträge, Steuern und deren Mischungsverhältnis) planen CDU/CSU offenbar keine Änderungen. Nach mehr Steuermitteln verlangen SPD, Grüne (zur Finanzierung der „Garantierente“) und Linke (zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen wie Renten für Kindererziehung). Letztere fordert außerdem eine Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze und eine „Abflachung“ von Rentenansprüchen aus Beiträgen oberhalb des Doppelten der Beitragsbemessungsgrenze (dies wären 12.750 Euro). Hiervon wären viele Führungskräfte betroffen, auch im Bereich ihrer betrieblichen Altersversorgung und privaten Altersvorsorge, die auf der Annahme einer lediglich langsam, entsprechend der Lohnentwicklung steigenden Bemessungsgrenze beruhen.

Bemessungsgrenze kaum gefährdet

Höhere Bemessungsgrenzen im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung fordert allein die Linke. Eine Entlastung der gesetzlich Versicherten durch Abschaffung der Zusatzbeiträge wollen neben der Linken auch die SPD, Grüne sowie die AfD. Zur Verbesserung der Finanzlage der Sozialversicherung plant die Linke außerdem Beiträge auf Kapitaleinkünfte und Aktiengewinne. Die AfD sieht hingegen in hohen Ausgaben für Migranten eines der Hauptprobleme der Sozialversicherung und fordert demnach Zuzugsbeschränkungen.

Unterschiede gibt es auch bei der Diskussion über die Reichweite der Rentenversicherungspflicht. SPD, Linke und Grüne streben eine „Erwerbstätigenversicherung“ an. SPD und Grünen wollen hier stufenweise vorgehen (Einbeziehung zuerst der nicht anderweitig versicherungspflichtigen Selbstständigen, Personen in Minijobs) und befassen in ihren Fragen auch mit der Frage des Vertrauensschutzes für heute anderweitig Abgesicherte.

Im Bereich der Krankenversicherungspflicht treten SPD, Linke und Grüne für ein ähnliches Modell ein, nämlich eine „Bürgerversicherung“, in die langfristig alle heute nicht gesetzlich kranken- und pflegeversicherungspflichtigen Personen einbezogen werden sollen.

Auch hier finden sich bei SPD und Grünen Aussagen über Vertrauensschutzregelungen für bereits heute Privatversicherte. Eine vollständige Übersicht über weitere die Positionen im Bereich Soziales wurde unter www.ula.de/wahl-2017/soziales veröffentlicht.