Auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das im Juni 2017 die deutsche Unternehmensmitbestimmung für europarechtskonform erklärte, gibt es keinen Anlass zur Sorglosigkeit. Dies macht eine aktuelle Konsultation der Europäischen Kommission über weitere Reformen im Gesellschaftsrecht deutlich.

In ihren Antworten haben die ULA und ihr europäischer Dachverband „CEC – European Managers“ in Bezug auf das EU-Gesellschaftsrecht („Company Law Package“) gefordert, dass die Arbeitnehmermitbestimmung integraler Bestandteil aller gesellschaftsrechtlichen Reformdiskussionen bleiben muss. Beide sprechen sich für verbindliche Mindeststandards über die Arbeitnehmerbeteiligung aus. Diese sollen für alle – auch künftige – europäische Rechtsformen gelten. Dies soll dem Risiko von Optimierungsstrategien zur Mitbestimmungsvermeidung oder zur Reduzierung eines bereits erreichten Mitbestimmungsniveaus entgegenwirken.

Rückblick auf den letzten Aktionsplan

Die letzte große Reform auf EU-Ebene liegt rund fünfzehn Jahre zurück. Sie sollte die rechtlichen Ausgangsbedingungen für europäische Unternehmen angleichen, das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern und die Niederlassungsfreiheit stärken. Zentrale Ergebnisse dieses „Aktionsplans“ waren Verordnungen über die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) und die Europäische Genossenschaft. Beide wurden um arbeitsrechtliche Richtlinien über die Mitbestimmung ergänzt. Sie sehen vor, dass Modalitäten der Mitbestimmung im Vorfeld des Rechtsformwechsels von Arbeitnehmervertretern und Unternehmensleitung ausgehandelt werden (Verhandlungslösung). Der Status quo vor dem Rechtsformwechsel wird dabei unter bestimmten Voraussetzungen (Mindestprozentsatz von Arbeitnehmern, denen Verluste an Mitbestimmungsrechten drohen) durch eine Auffangregelung geschützt. Dieses Prinzip wurde später auf eine Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen übertragen.

Nicht zustande kam bis heute eine ebenfalls geplante Sitzverlegungsrichtlinie. Sie hätte besondere Herausforderungen für einen Schutz der Mitbestimmung mit sich gebracht. Zu den bis heute ungelösten Streitfragen zählt, ob Verwaltungssitz und Satzungssitz (also der registergerichtliche Sitz) nach einer Sitzverlegung auseinanderfallen dürfen. ULA und CEC lehnen dies ab. Sie fordern außerdem seit Jahren Verbesserungen des Bestandsschutzes. Im deutschen Recht schützt diese zwar die paritätische Mitbestimmung wirksam, nicht aber den Einzelsitz des leitenden Angestellten.

Neuer Reformanlauf: Mitbestimmung nur als Randthema behandelt

Die von der Europäischen Kommission im Mai 2017 veröffentlichte Konsultationsdrucksache erwähnt die Arbeitnehmermitbestimmung nur am Rande. Die Fragen an die Konsultationsteilnehmer konzentrieren sich auf stark auf praktische Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit. Als einen der weiteren Anlässe nennt die Kommission die Digitalisierung. Daher gibt es weitere Fragen über Möglichkeiten der Beschleunigung und Vereinfachung registergerichtlicher Prozeduren.

Für die Konsultation war die Generaldirektion für Justiz und Verbraucher und nicht die mit Mitbestimmungsfragen besser vertraute Generaldirektion für Beschäftigung und Soziales und Integration zuständig. Aus Sicht von ULA und CEC kann dieser Umstand die Einseitigkeit des Vorstoßes nur teilweise erklären. Gerade in dieser wichtigen Frage ist es unverzichtbar, dass die Kommission ihren Ankündigungen, das soziale Profil der EU zu schärfen, Taten folgen lässt und Gesellschaftsrecht und Mitbestimmung konsequent in einem Zusammenhang denkt und behandelt. Mit konkreten Reformvorschlägen ist frühestens im Jahr 2018 zu rechen. Bis dahin werden ULA und CEC ihre Forderungen nach Mindeststandards konkretisierten und die weitere Diskussion im Auge behalten.

Weitere Details gibt es unter www.ula.de/eu-gesellschaftsrecht