Umfrage über flexibles Arbeiten: Viel Potenzial bei Führungskräften ungenutzt

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Unter dem Eindruck des vom Bundesarbeitsministerium angestoßenen Diskussionsprozesses „Arbeiten 4.0“ hat die ULA eine Umfrage über die Veränderungen im Arbeitsleben von Führungskräften angestoßen. Demnach bleibt vor allem bei flexiblen Arbeitsmodellen viel Potenzial unausgeschöpft. Flexibles Arbeiten findet vorwiegend in Form flexibler täglicher Arbeitszeiten statt. In politischer Hinsicht sehen Führungskräfte aber keinen echten Reformbedarf im Arbeits- und Sozialrecht.

Fragen nach Erfahrungen mit flexiblen Arbeitsformen bildeten einen der Schwerpunkte der über das Führungskräftepanel Manager Monitor durchgeführten Umfrage. Dieser Teil des Fragebogens wurde zusammen mit der ULA-Mitgliedsorganisation EAF Berlin sowie der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin (HWR) entwickelt, die zu diesem Thema ein Forschungsprojekt durchgeführt haben.

 An der Umfrage nahmen 800 aktive Führungskräfte aus allen ULA-Mitgliedsorganisationen teil

Die Antworten zeigen: flexible Arbeitsformen werden in den Unternehmen in unterschiedlichen Varianten intensiv genutzt. An erster Stelle steht Teilzeit (82 Prozent), gefolgt von Elternzeit (81 Prozent). Ebenfalls sehr weit verbreitet sind flexible Arbeitszeiten beziehungsweise Vertrauensarbeitszeit (79 Prozent) sowie Homeoffice (69 Prozent). Bei anderen Formen flexibler Arbeit besteht hingegen noch Luft nach oben: Jobsharing (27Prozent) und „Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus“ (17 Prozent) belegen die letzten Plätze.

Bei der Frage, welche flexible Arbeitsformen von Führungskräften selbst genutzt werden, erzielt nur eine Antwortkategorie Werte über 50 Prozent: 71 Prozent der Befragten nutzen flexible Arbeitszeiten beziehungsweise Vertrauensarbeitszeit. Mit weitem Abstand folgen Homeoffice (36 Prozent) und Elternzeit (10 Prozent über alle Altersgruppen hinweg).

Nach Altersgruppen und Geschlecht getrennte Untersuchungen decken offenbarinteressante Unterschiede auf: Frauen nutzen flexible Arbeitsformen wesentlich intensiver als Männer–und jüngere Arbeitnehmer unter 40 Jahren ebenfalls intensiver als ältere Arbeitnehmer über 60 Jahren. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung altersspezifischer Angebote wie etwa einer Arbeitszeitreduzierung im rentennahen Alter. Elternzeit wurde oder wird immerhin bereits von 31 Prozent der befragten Führungskräfte unter 40 Jahren genutzt.

In einem auffälligen Missverhältnis zur der sehr zurückhaltenden Nutzung flexibler Arbeitsformen steht die Bewertung ihrer grundsätzlichen Eignung für Führungskräfte. Neben Vertrauensarbeitszeit, Elternzeit und Homeoffice halten mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer auch flexible Arbeitsformen wie Pflegezeit, rentennahe Arbeitszeitreduzierungen oder ein Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus für grundsätzlich geeignet für Führungskräfte.

Auch die Urteile über die praktischen Wirkungen flexibler Arbeitsformen fallen überwiegend positiv aus. Bezogen auf die Effekte für die Arbeitnehmer sind 59 Prozent der Auffassung, flexible Arbeitszeiten wirkten sich positiv auf die Belastungssituation aus. Nur 19 Prozent sehen keinen Effekt, 19 Prozent einen negativen Effekt und 2 Prozent haben keine Erfahrungen gemacht. Bei Homeoffice sehen immerhin noch 39 Prozent positive Effekte– 24 Prozent sehen keinen Effekt, 16 Prozent einen negativen Effekt, während 10 Prozent keine Erfahrungen gemacht haben. Als tendenziell stresserhöhend wird hingegen Teilzeit angesehen.

Flexibilität fördert Vereinbarkeit.

Des Weiteren bescheinigen mehr als zwei Drittel der Befragten der Nutzung flexibler Arbeitsmodelle positive Auswirkungen auf die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere sowie die Motivation, die Kreativität und die Produktivität. Tendenziell negative Effekte ergeben sich aber für die Kommunikation und die Zusammenarbeit. Mitarbeiterführung wird also bei einem Mehr an Flexibilität tendenziell schwieriger. Bedenklich ist: 38 Prozent sehen das Risiko von Karrierenachteilen durch die Nutzung flexibler Arbeitsformen. Offenbar ist vielerorts noch eine starke Präsenzkultur wirksam: nicht nur der persönliche Kontakt, sondern auch die Sichtbarkeit im Unternehmen wären demnach weiterhin karriererelevante Faktoren.

Eindeutig fällt auch das Urteil der Befragten über die Hemmnisse für eine stärkere Verbreitung flexibler Arbeitsformen aus. Diese Antworten liefern Hinweise auf die Ursachen für das beschriebene Missverhältnis zwischen der positiven Bewertung und der spärlichen Nutzung flexibler Arbeitsformen: Es fehlt insbesondere an positiven Rollenvorbildern für Führungskräfte (70 Prozent), an Unterstützung durch die oberste Führung (67 Prozent) und durch direkte Vorgesetzte (64 Prozent).