Schafft Macron die Wende auf dem Arbeitsmarkt?

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Im Sommer 2017 hat der französische Präsident Emmanuel Macron seine Pläne für einen flexibleren Arbeitsmarkt präsentiert. Nun hat er angekündigt, die Arbeitslosenversicherung umzubauen. Sein erklärtes Ziel ist es, Frankreichs hartnäckig hohe Arbeitslosenquote von derzeit circa zehn Prozent zu senken und der Volkswirtschaft neue Energie zu verleihen. Davon hängt nicht nur der Erfolg seiner Präsidentschaft ab, sondern möglicherweise auch die Zukunft der Eurozone.

Im September letzten Jahres hat die französische Nationalversammlung die seit Jahrzehnten umstrittene Reform des Arbeitsrechts verabschiedet. Unternehmen und Belegschaften können sich nun leichter auf Arbeitszeiten und die Bezahlung je nach Auftragslage einigen. Nach Entlassungen wird die Höhe der Abfindungen begrenzt, wenn der Arbeitgeber nach einem gerichtlichen Streit vor Gericht unterliegen sollte. Die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sollen vereinfacht und die Bindung einzelner Unternehmen an Flächentarifverträge reduziert werden können. Damit wird der gewerkschaftliche Einfluss in den Unternehmen beschränkt.

Da Emmanuel Macron von Anfang an den Dialog mit den Gewerkschaften gesucht hatte, blieb der große Aufstand gegen diese Reform von dieser Seite aus, auch wenn verschiedene Gewerkschaften, darunter mit der CFDT die größte, ihre Enttäuschung nicht verbergen konnten und die kommunistisch geprägte CGT samt dem Volkstribun Jean-Luc Mélenchon von der linkspopulistischen Partei „La France Insoumise“  zum weitgehend wirkungslos gebliebenen Widerstand aufriefen. Vom Front National war ebenfalls wenig zu hören, da Marine Le Pen seit ihrer Wahlniederlage an Wirkungskraft und Ausstrahlung verloren hat. Die Mehrheit der Franzosen steht auch heute noch Reformen grundsätzlich positiv gegenüber.

Gleiches gilt für die Reform der Arbeitslosenversicherung, die Macron Anfang 2018 angehen will. Die Versicherung soll für Selbstständige geöffnet werden und für Arbeitnehmer, die von sich aus gekündigt haben. Gleichzeitig soll die Kontrolle der Arbeitslosen verschärft werden. Wer nicht nachweisen kann, dass er aktiv nach einer neuen Stelle sucht, dem sollen die Zuwendungen deutlich gekürzt werden. So soll die Arbeitslosenhilfe zunächst für zwei Monate um 50 Prozent gekürzt werden und danach, sollte der Arbeitslose immer noch nicht aktiv geworden sein, für zwei weitere Monate ganz wegfallen. Das gilt auch für Führungskräfte.

Im Moment profitiert der Präsident noch von der Aufbruchsstimmung, die sich nach seinem fulminanten Wahlsieg eingestellt hat. Er wusste, was er wollte, und ließ keinen Zweifel daran, dass er sein Wahlprogramm entschieden durchsetzen werde: Frankreichs Wirtschaft reformieren, die Sozialsysteme grundlegend erneuern, den Zusammenhalt der Gesellschaft wiederherstellen, den europäischen Gedanken neu beleben, den Terror bekämpfen und für die Klimaschutzziele des Pariser Abkommens kämpfen.

Dieser Schwung und der desolate Zustand der einst großen und staatstragenden Parteien der Konservativen und Sozialisten, die in der Marginalisierung verschwunden sind, sorgen dafür, dass die ganz große Kritik auch von den Verbänden bisher ausgeblieben ist. Frankreich ist darüber hinaus wieder in eine Führungsrolle in der EU hineingewachsen, die vor wenigen Monaten niemand für möglich gehalten hätte. Macrons außenpolitische Erfolge bei Donald Trump, Wladimir Putin, Recep Erdogan und Xi Jinping tun ihr übriges. Das neue französische Selbstbewusstsein ist auch in der Verbändelandschaft spürbar.

Abgerechnet wird am Arbeitsmarkt

Doch wird Macron am Ende an seinem Erfolg auf dem Arbeitsmarkt gemessen werden. Der 40-Jährige an der Spitze des wohl wichtigsten deutschen Partners in Europa und der Welt selbst rechnet in anderthalb bis zwei Jahren mit wirksamen Ergebnissen seiner Reformen. Sehr genau beobachtet werden auch die Auswirkungen seiner Abschaffung der Vermögensteuer und die geplante Abschaffung der Wohnsteuer. Kommt letztere rund 80 Prozent der Bevölkerung zugute, so erstere nur einem kleinen Teil.

Doch haben manche Ökonomen schon darauf hingewiesen, dass es für eine Belebung des Arbeitsmarktes möglicherweise weniger auf die beschlossenen Reformen ankomme, sondern vielmehr insgesamt psychologische Faktoren eine wesentlich entscheidendere Rolle spielen könnten. Sie weisen darauf hin, dass der Arbeitsschutz in Deutschland und den Niederlanden teilweise höher als in Frankreich sei und Wirtschaftswachstum nicht allein durch einen flexiblen Arbeitsmarkt hervorgerufen werde. Denn schließlich hat Macron gar nicht so viel Spielraum zur Steigerung des Wachstums: In makroökonomischer Hinsicht sind ihm in der Eurozone die Hände gebunden.

Emmanuel Macron weiß, wie wichtig Deutschland für seinen Erfolg in Frankreich ist. Viel wird davon abhängen, ob Deutschland zu höheren Investitionen und Ausgaben bereit ist. Wenn Europa je konkret war, dann ist es dies auf dem Gebiet der deutsch-französischen Beziehungen. Macron hat sein politisches Schicksal an Deutschland gekettet. Es wird sich bald zeigen, ob eine neue deutsche Regierung sich auf der Höhe der Erwartungen und Herausforderungen in Europa befindet.